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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


hervorragt. Die Röhre wird sich sofort mit Wasser füllen. Wenn wir alsdann aber ihr oberes Ende in den Mund nehmen und in das Röhrchen blasen, so wird die verdichtete Luft das Wasser austreiben und den von der Röhre begrenzten Theil des Gefäßbodens trocken legen. Im Triger'schen Apparate nun sehen wir an der Stelle des Röhrchens große, luftdicht anschließende metallische Cylinder, während unsere Lungen und unser Mund durch eine mit Dampfkraft bewegte Luftpumpe vertreten werden. Diese metallischen Cylinder versenkt man auf den Grund der Flüsse, läßt dann in dieselben gewöhnlich auf fünf Atmosphären comprimirte Luft einströmen, und stellt so einen wasserfreien Raum her, in dem die Arbeiter die nöthigen Bauten verrichten können.

Die Gefahr tritt für Taucher und solche Tubenarbeiter mit dem Augenblicke ein, wo sie aus der comprimirten Luft in die normale zurückkehren. Todesfälle und Lähmungen standen früher bei ähnlichen Unternehmungen auf der Tagesordnung. Bei 160 Arbeitern, die bei dem Fundamentbau der Brücke von Saint Louis (Missouri) beschäftigt waren, kamen 30 schwere Erkrankungen und 12 Todesfälle vor. Seitdem aber die von Bert empfohlenen Vorsichtsmaßregeln ausgeführt worden sind, haben diese beklagenswerten Unfälle fast gänzlich aufgehört.

Wir haben noch zum Schluß des Einflusses zu erwähnen, den der comprimirte Sauerstoff auf den thierischen Organismus ausübt. In diesem Zustande ist der belebende Bestandtheil unserer Atmosphäre ein intensives Gift. Er hemmt momentan alle thierischen Functionen. Selbst Pflanzenorganismen können ihm nicht widerstehen, und er tödtet ebenso rasch die mikroskopischen Hefepilze, wie die winzigen Bakterien und Vibrionen.

Ob Bert sich nach seinem ersten Versuch in das stille Laboratorium Magendi's und Claude Bernard's zurückziehen oder gleich Virchow in Deutschland und Rokitansky in Oesterreich auf dem politischen Schlachtfelde Frankreichs weiter kämpfen wird, kann erst die Zukunft entscheiden.

St. von Jezewski.




Das englische Clubwesen sonst und jetzt.
Von Leopold Katscher.
1. Sonst.

In England ist das Clubwesen mit der Freiheit aufgekommen; vor der Regierung Elisabeth's kannte man keine ähnliche Einrichtung. Dem poetischen Charakter der elisabethinischen Epoche entsprechend, trugen die ersten Londoner Clubs ein durchaus literarisches Gepräge. Der älteste, von dem man überhaupt weiß, versammelte sich in dem Wirthshaus „Zur Sirene“ und verdankte seine Entstehung der Initiative Raleigh's, der den Tabak und mit Francis Drake die Kartoffeln in Europa einführte. Eine Ueberlieferung besagt, daß in jener Schenke die allerersten Kartoffeln gegessen wurden. Die hervorragendsten Mitglieder des Sirenen-Clubs waren die vier größten Dramatiker jener Tage: Shakespeare, Ben Jonson, John Fletcher und Francis Beaumont. Ben Jonson begründete später im Apollosaale der Schenke „Zum Teufel“ einen andern Club, zu dessen Nutz und Frommen er unter dem Titel: „Leges conviviales! eine Art Codex in lateinischen Versen schrieb. Nach diesen Statuten wurden Damen zugelassen und mit ihnen „gebildete, höfliche, heitere, anständige Männer“; Plumpheit, Unmäßigkeit und Rohheit waren ausgeschlossen; während des Weintrinkens durfte nicht über geheiligte Dinge abgehandelt werden, und das Lesen geschmackloser Gedichte und das Improvisiren schlechter Verse waren verboten. Jonson's schriftstellerischer Ruf, seine Vorliebe für eine gute Tafel, sein Conversationstalent schaarten um ihn eine große Anzahl geistvoller und lebenslustiger Männer, aber trotz der begeisterten Verse, in denen er die Vorzüge des Weines zu preisen pflegte, sollen die im Club geführten Gespräche besser gewesen sein, als die daselbst getrunkenen Weine.

Die Clubs scheinen verschwunden zu sein, als Cromwell und die Puritaner das Staatsruder ergriffen. Dagegen war die Regierungszeit Karl's des Zweiten eine wahre Blütheperiode der Clubs wie des Theaters. Einige Jahre nach der Restauration bildete „Will's Kaffeehaus“ das vorzüglichste Stelldichein der Schriftsteller, der Schöngeister, der guten Redner und der Müßiggänger. Das Scepter führte dort Dryden. In diesem Club wurden die socialen Ranges- und Standesunterschiede abgestreift, und es heißt, daß sowohl die jungen Modehelden wie die Gelehrten viel darauf hielten, der Dose Dryden's von Zeit zu Zeit eine Prise zu entnehmen. Bis 1810 galt „Will's Kaffeehaus“ in London als beliebter Zusammenkunftsort vornehmer Leute, Neugieriger, Priester und Romanschreiber. Will's gegenüber erhob sich später „Button's Kaffeehaus“; sein Besitzer war früher bei Lady Warwick, der Addison damals den Hof machte, bedienstet gewesen, und der genannte Gelehrte und Dichter schlug in diesem Kaffeehause seinen Thron auf. Seine Anhänger waren Steele, Budgell, Tickel, Phillips und Carey, mit denen er eine literarische Brüderschaft einging, und die Stammgäste blieben nach der Gewohnheit der damaligen Schriftsteller stets sehr lange beisammen; Plaudern, Trinken und Rauchen waren ihre Beschäftigungen, bei denen Addison in jeder Hinsicht als Vorbild voranleuchtete. Button's Local war gleichzeitig das Redactionsbureau des „Guardian“, dessen Mitarbeiter sich in einem Hinterkämmerchen aufzuhalten pflegten. Als Addison sich in der Folge mit der Herzogin von Warwick entzweite, zog er sich auch von ihrem ehemaligen Diener zurück, sodaß der Club von selbst ein Ende erreichte.

Wie Dryden und Addison, liebte es auch Samuel Johnson, die Londoner Wirtshäuser zu besuchen. Im Jahre 1749 begründete er in Ivy Lane (Epheugäßchen) einen Club, dessen Mitglieder in dem Beefsteakhaus „Zum Königskopf“ jeden Dienstag Abend zusammenkamen; sie waren Kaufleute, Buchhändler, Aerzte und sectirende Geistliche. Während das Beefsteak auf dem Roste prasselte, warf sich Johnson mit Feuereifer auf die Discussion und Polemik.

Als diese Vereinigung sich auflöste, begründete Johnson im Jahre 1764 einen andern, berühmt gewordenen Club, der sich im „Türkenkopf“ niederließ; man kam wöchentlich einmal um sieben Uhr Abends zusammen und plauderte bis Mitternacht. Anfänglich namenlos, legte sich dieser Club nach Garrick's Tode den Titel „Literarischer Club“ bei. In diesen aufgenommen zu werden, galt als hohe Ehre, deren man nur durch die Stimmzettel der Majorität der jeweiliger Mitglieder theilhaftig werden konnte. Unter den fünfunddreißig Mitgliedern waren die bedeutendsten: der Maler Sir Joshua Reynolds, Oliver Goldsmith, der Redner Burke, der Historiker Gibbon, der Lustspieldichter Sheridan und vor Allen Johnson und Garrick. Neunzehn Jahre später rief Johnson einen dritten Club in's Leben und zwar in der Schenke „Zum Haupte des Essex“, wo die Mitglieder sich dreimal wöchentlich versammelten. Die Clubregeln waren milde und die Ausgaben geringfügig. Wer einer Sitzung fern blieb, wurde mit zwei Pence bestraft, und der Reihe nach kam jedes Mitglied auf den Präsidentenstuhl. Johnson's Eifer im Begründen von Clubs erklärt sich aus seinem Charakter und seiner Lebensweise: seine Frau war ihm frühzeitig gestorben, und seither bildeten die Clubabende die einzige ihm zusagende Zerstreuung nach des Tages Arbeit und Einsamkeit; ohnehin war er sehr gesellig und gesprächig.

Um dieselbe Zeit, das heißt in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, gab es in London eine Reihe von Kaffeehäusern, die Mode waren und Leute von Geist in Clubs sammelten, darunter ein Club der Blaustrümpfe, der sich im Jahre 1781 im Hause der Madame Montague um Stillingfleet gruppirte und verschiede gleichfalls literarische Namensvettern erhielt. Der Name muß später von irgend einem literarisch-ästhetischen Damenclub her zum Spottnamen geworden sein – die ersten Blaustrümpfe waren Männer.

Neben den literarischen gab es auch zahlreiche politische Clubs, von denen wir nur zwei erwähnen wollen. „Die Conföderation der Könige“, welche kurz nach der Restauration entstand, nahm Staatsmänner und Bürger aus allen Gesellschaftsclassen unter der Bedingung auf, daß sie sich dazu verstanden, den Beinamen „König“ als Gewährleistung einer gut monarchischen Gesinnung zu wagen. König Karl der Zweite

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_292.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)