Seite:Die Gartenlaube (1882) 472.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

daß in England die Verhältnisse ganz anders liegen, als bei uns, hat aber diese Behauptung zu begründen vergessen. Wir haben in Deutschland ebenso gut Fabriken, Eisenbahnen, Bergwerke, große Städte, Flüsse und Seen, unvorsichtige Menschen und Unkundige, wie in England, und somit wird sich das Bedürfniß nach einer solchen Belehrung des deutschen Volkes auch wohl nicht leugnen lassen.

Wenn nun aus den oben angeführten Beispielen unleugbar hervorgeht, daß das Capitel von den Blutungen und der ersten Hülfe bei denselben eins der wichtigsten für den Samariter sein muß, so dürfte es nicht unpassend sein, wenn ich an dieser Stelle auseinandersetze, wie ich dasselbe in meiner Samariterschule behandelt habe.

(Schluß folgt.)




Blätter und Blüthen.

Ein Fürst unter den Musikern der Gegenwart, erregt Franz Liszt im hohen Greisenalter dieselbe Bewunderung, erweckt die gleiche Verehrung und Anhänglichkeit, wie er schon in jungen Jahren allgemeinster Sympathien sich erfreute. An diesem außergewöhnlichen Manne erscheint Vieles seltsam und wunderbar, und nicht am wenigsten ist es sein reichbewegtes Leben, was vor tausenden und aber tausenden Sterblicher ihn ganz und gar auszeichnet.

Aber wer für den „König der Pianisten“, für den muthigen und phantasiereichen Schöpfer der „symphonischen Dichtungen“, für den Componisten der großartigen Oratorien „heilige Elisabeth“, „Christus“ und so mancher Kirchemnusikwerke Interesse fühlt, sollte der nicht mit Spannung die Einzelheiten seiner persönlichen Entwickelung verfolgen wollen und nicht mit innerer Antheilnahme beachten, wie eine hohe und edle Künstlernatur aus kleinen Verhältnissen sich emporarbeitet und siegreich sich durchkämpft durch die Brandungen des Lebens, die so oft sie umschlangen und sie hinabzureißen drohten? Was Liszt als reproducirender Musiker und als Virtuose geleistet hat, davon sprach und sagte die staunende Welt, wie von den Thaten eines Orpheus; seine bedeutungsvollen Compositionen aber erringen sich, wenn auch nicht ohne Kämpfe, immer mehr Anerkennung und werden noch in späten Zeiten tönendes Zeugniß geben von seiner geistreichen und eigenthümlichen exceptionellen Schaffenskraft.

Fast wie ein Roman, nur daß Nichts auf Erfindung, sondern Alles auf wohl untersuchten Thatsachen beruht, liest sich der erste Band von L. Ramann’s Schrift „Franz Liszt. Als Künstler und Mensch“. (Breitkopf und Härtel, 1880.) Wer diese Biographie einmal zu studiren angefangen hat, wird sie nicht aus den Händen legen, bis er sie zum Schluß gelesen. Aus diesem ersten Bande schon kann der Leser ersehen, was jetzt noch von dem greisen Meister gilt, daß er als Mensch jenen bereits in der Jugend besonders angezogenen Ausspruch des Thomas a Kempis zur Signatur seines Lebens machte:

„Niemand kann zum Frieden gelangen als der, welcher sich selbst entäußert und nicht sich, sondern Anderen lebt[WS 1].“

Die Idee des Mittlerdienstes des Künstlers zwischen dem Göttlichen und der Welt kam ihm früh zum Bewußtsein, ward ihm ein bleibendes Gesetz. „Er war ein Priester der Kunst sein Leben hindurch. Nie hat ein Eigennutz seine Seele befleckt; nie geschah es, daß er seine künstlerischen Dienste einer edlen Sache, seine künstlerische Hülfe Andern entzogen hätte!“

L. Ramann verfügt über einen gewandten und blühenden Stil und hat den inhalt- und farbenreichen Stoff mit aller Hingabe und Sorgfalt behandelt, sodaß die Lectüre ihres[WS 2] obenerwähnten Werkes ebenso viel Genuß wie Belehrung und Erhebung gewährt.

Wir wollen nur bemerken, daß die S. 432, Anmerkung 2, gebrachte Notiz, Liszt sei Präsident des allgemeinen deutschen Musikvereins,[1] auf einem Irrthum beruht. Niemals ist Liszt Präsident des Vereins gewesen. Diese Correctur mag nebensächlich erscheinen, aber der Verfasser, mit Recht (S. 27) auf das „biographische Gewissen“ sich berufend, wird dafür nur dankbar sein.




Bilder und Studien aus dem Thierreich. Für Unterrichtszwecke gezeichnet und herausgegeben von Heinrich Leutemann. In Lichtdruck ausgeführt von A. Naumann und Schröder. Leipzig 1882.

Unsere Leser werden sich erinnern, daß wir im vorigen Jahre (vergl. Nr. 27) ein treffliches Hirschbild brachten, welches wir als die letzte „Gartenlauben“-Gabe unseres langjährigen und allbeliebten Mitarbeiters, Heinrich Leutemann’s, bezeichneten. Damals mußte schon der Künstler wegen eines schweren und unheilbaren Augenleidens seiner Kunst, Illustrationen für den Holzschnitt zu zeichnen, dauernd entsagen. Unterstützt durch einen großen Theil deutscher Maler, welche ihm ihre Naturstudien zur Verfügung stellten, wandte er sich nunmehr dem Unterrichtgeben zu und suchte mit Hülfe des reichhaltigen, in seinem Besitz befindlichen Materials seine Schüler und Schülerinnen vor Allem darauf hinzuweisen, wie der Künstler die Natur sieht. Da aber die meisten Heinrich Leutemann von den deutschen Malern überlassenen Naturstudien die Darstellung von Köpfen, Figuren und Landschaften bilden und nur wenige zur Thierdarstellung gehören, so beschloß er, einen Theil seiner eigenen seit dreißig Jahren gesammelten Thierstudien als gedruckte Zeichenvorlagen vervielfältigen zu lassen und seine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen auf diese Weise auch Anderen, Lehrern und Schülern, zugänglich zu machen. Das erste Heft dieser Sammlung ist vor Kurzem erschienen und enthält fünf schön ausgeführte Blätter, welche eine Löwin mit Jungen, eine Tigerin, Hundeköpfe, eine Katzengruppe und einen ruhenden Hirsch darstellen. Diese Bilder, welche wir hiermit der allgemeinen Beachtung warm empfehlen, eignen sich auch vortrefflich als Wandschmuck.

Das von uns heute im Holzschnitt reproducirte Bild „Morgentoilette“, das eine Tigerin mit Jungen darstellt und einer näheren Erklärung nicht bedarf, ist der erwähnten Sammlung entlehnt worden und zeugt von der Sorgfalt und Lebenstreue, mit welcher diese Thierstudien Leutemann’s gezeichnet worden sind.




„O alte Burschenherrlichkeit“ Ueber den 1880 zu Eschwege in der Provinz Hessen verstorbenen Sanitätsrath Dr. Höfling, den Dichter des Liedes: „O alte Burschenherrlichkeit“, wurde Anfangs Juni dieses Jahres in einer namhaften deutschen Zeitung eine Korrespondenz aus Bonn veröffentlicht, welche in einigen Punkten der Berichtigung und Vervollständigung bedarf. Gestützt auf einen Brief, den die in Fulda lebende Wittwe des Dichters, Wilhelmine Höfling, geb. Geiße, am 17. Juni dieses Jahres an ein Mitglied der Straßburger Burschenschaft „Germania“ gerichtet hat, vermögen wir über Höfling folgende authentisch sichere Angaben zu machen:

Höfling wurde am 5. October 1808 zu Fulda geboren. Nachdem er das dortige Gymnasium und Lyceum absolvirt, studirte er in Marburg und Würzburg von 1826 bis zum Schluß des Jahres 1830 Medicin. Sodann besuchte er noch die Universitäten Wien und Prag, um sich darauf in Heidelberg, wo er Assistent bei Professor Nägele ward, als Privatdocent zu habilitiren. Er gab jedoch die akademische Laufbahn nach einigen Jahren wieder auf und zog sich nach seiner hessischen Heimath zurück, um dort als praktischer Arzt zu wirken.

Wann das betreffende Lied entstanden ist, vermag Frau Höfling mit Bestimmtheit nicht anzugeben, doch glaubt sie sich zu erinnern, daß ihr Gatte das Jahr 1826 als das Geburtsjahr desselben bezeichnet habe.

Höfling bewahrte sich bis in sein Alter eine seltene Jugendfrische, und er war als geistvoller Gesellschafter nicht minder beliebt, wie er als wissenschaftlich tüchtiger Arzt hochgeschätzt wurde.

Da Höfling’s köstliches Lied unter jungen wie alten Studenten so volles Bürgerrecht erlangt hat, daß kein Stiftungsfest, geschweige denn ein Commers „alter Herren“ ohne dasselbe denkbar erscheint, so ist es erklärlich, daß die Frage, welche studentische Corporation das Recht habe, Höfling den Ihrigen zu nennen, oft aufgeworfen und ventilirt worden ist. Frau Höfling giebt hierüber Aufschluß; sie schreibt nämlich:

„Mein Mann war ein treuer Anhänger der ‚deutschen Burschenschaft‘, bei der er in seinen Studienjahren activ gewesen.“




Vermißte – gefunden!

Ueber Dolezal (1882, S. 272, Nr. 11) kam die Nachricht, daß der Vermißte bei seinem Vater in Kuttenberg wohne.

Paul Mundt (1880, S. 437, Nr. 6) soll, nach einer Notiz vom Auswanderungsbeamten H. Bein in Bern, am 21. April 1879 über Havre nach Chicago abgereist sein.

Der Schlossergeselle E. Jul. Porzig (1882, S. 271, Nr. 2) soll nach einer Nachricht als dritter Maschinist auf dem norddeutschen Lloyddampfer „Hermann“, nach einer andern als Geselle beim Schlossermeister A. Ullrich zu Sprendlingen in Rheinhessen arbeiten.

Eine Postkarte aus Zawadzki meldet uns, daß der „so lange Jahre vergeblich gesuchte“ August Zucker (1881, S. 584, Nr. 69) aus Elberfeld geschrieben, wo er in einer Brauerei angestellt ist.

Unsere Vorsicht, von den Einsendern der vom vorigen Jahre datirenden Zuschriften wegen Vermißter die Erneuerung ihrer Wünsche zu begehren, hat den Erfolg gehabt, daß wir aus der Liste über zwanzig Namen streichen konnten, deren Träger indessen theils gefunden und heimgekehrt, theils gestorben waren. Zu bedauern bleibt es immer, daß zu einer großen Anzahl dieser Abmeldungen unsere besondere Aufforderung erst hat antreiben müssen.

Nicht in unsere Liste einzureihen ist der folgende Fall: Eine holländische Postkarte benachrichtigt uns, daß in den Mühlwerken der Herren Barry, Arnold u. Comp, zu Rondebosch (Cap der guten Hoffnung) ein Deutscher verunglückt sei, der lange an einer Herzkrankheit gelitten, dessen Namen man aber nicht genannt habe. Vielleicht vermißt eine deutsche Familie einen Anverwandten dort und kann diese Notiz benutzen.




Kleiner Briefkasten.

Eine Verehrerin Friedrich Rückert’s in Gotha. Zu Beisteuern für das Rückert-Denkmal in Schweinfurt hat die „Gartenlaube“ aufgefordert, aber nicht selbst gesammelt und deshalb auch nicht quittirt. Unseres Wissens ist die erforderliche Summe noch nicht vollständig aufgebracht. Trotz mancher Ungunst der Zeit verdiente das Andenken an den Sänger des „Liebesfrühlings“ und den deutschen Erschließer der Poesie des Morgenlandes wärmere Theilnahme.

D. Z. Abonnent in Berlin. Jahrgang 1878, Seite 569 u. f.

M. L. in Gl. Schwindel!

N. in N. Nicht verwendbar.



Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

  1. Geraume Zeit nach Erscheinen dieses Ramann’schen Bandes hat der „Allgemeine deutsche Musikverein“ Liszt zu seinem „Ehrenpräsidenten“ ernannt, in Anerkennung der vielfachen und großen Verdienste, welche Liszt um dieses Institut sich erworben hat, als dessen „Seele“ man ihn füglich bezeichnen könnte. Der kaiserlich deutsche Botschafter in Rom, Baron von Kendell, war es, der im October 1881 Liszt das Diplom überreichte.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Andere lobt. Wurde in Berichtigung berichtigt.
  2. Vorlage: seines, es handelt sich um die Autorin Lina Ramann. Wurde in Kleiner Briefkasten berichtigt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 472. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_472.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2023)