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Gedichten fand, macht seinem Geschmacke alle Ehre; denn sie sind neben Rückerts Oestlichen Rosen gewiss das Schönste, was im Geiste der morgenländischen Lyrik bei uns gesungen worden ist. Uebrigens ist auf dem Bilde nicht viel von orientalischem Kostüm, ausser dem Kaftan, mit dem Hafis bekleidet ist. Die überaus anmutigen Frauengestalten möchte man, mit Ausnahme einer einzigen, die wohl eine nubische Sklavin sein soll, eher für Griechinnen halten. Der Maler schwelgt bei der Darstellung dieser Gruppe völlig in einem Kultus der Schönheit, und hat dadurch dem Bilde eine Anziehungskraft verliehen, die den Blick immer von neuem zu ihm hinlenkt.

In der besten Manier des Meisters sind ferner die Römische Familienscene und die Idylle von Tivoli. Durch jene hat er wiederum seine Virtuosität in Wiedergabe der Kindernatur sowohl, als der südlichen Frauenschönheit bewährt, und in dieser führt er uns ein liebliches Bild des italienischen dolce far niente vor: der mandolinspielende Knabe und das singende Mädchen an dem Wassersturze des Anio können uns wohl mit Verlangen erfüllen, in der wonnigen Landschaft von Tivoli sorglos, wie seine nicht über den nächsten Augenblick hinaus denkenden Bewohner, einen köstlichen Sommertag verleben zu dürfen.

Nach Beendigung des letztgenannten Bildes widmete Feuerbach, einem unbezähmbaren Triebe folgend, seine ganze Zeit der Amazonenschlacht und anderen umfangreichen Gemälden. Es ist eine in der Geschichte der Litteratur und Kunst oft vorgekommene Erscheinung, dass hochbegabte Männer, nicht zufrieden, auf einem Felde Grosses geleistet zu haben, ja, diese Leistungen gering schätzend, sich für ein anderes Gebiet berufen glaubten und durchaus auf ihm Lorbeeren ernten wollten. So hielt Petrarca die lyrischen Gedichte, durch die er unsterblich geworden ist, für unbedeutend und unwert seinen Ruhm zu begründen und setzte Alles daran, ein grosser Epiker, wie Virgil, zu werden. Sebastian del Piombo, dessen schon im Jünglingsalter gemaltes Altarbild in San Giovanni Crisostomo zu Venedig so herrlich ist, dass es dem grössten Maler Ehre machen würde, war nicht zufrieden, auf so glücklich eingeschlagener Bahn fortzuwandeln, auf welcher er kaum hinter Tizian zurückgeblieben wäre. Er konnte sich stolz rühmen, eines der wundervollsten Frauenporträts der Welt geschaffen zu haben, denn es ist jetzt ausgemacht, dass die Fornarina der Tribune sein Werk ist; aber auch dieser Ruhm genügte ihm nicht. Er wollte, die Natur seines Talentes verkennend, gigantische Werke, in der Weise des Michel Angelo, schaffen, und sank so, wie achtbar auch noch seine Arbeiten in dieser neuen Manier sein mögen, doch unter sich selbst herab. Ganz ähnlich war es mit Feuerbach. Aber wenn er in den Irrtum der Genannten verfiel, so kann man zu seiner Entschuldigung anführen, seine bisherigen Leistungen seien in Deutschland völliger Teilnahmlosigkeit begegnet. Er mochte glauben, durch Einschlagen einer neuen Richtung, durch grosse staunenerregende Kompositionen die Aufmerksamkeit und den Beifall erzwingen zu können, die ihm bisher entgangen waren. So ist das Publikum, ist die Kunstkritik, die ihn, mit seltenen Ausnahmen, ignorirte, während sie Stümper oder höchst ordinäre Talente durch Lobposaunenstösse verherrlichte, zum Teil dafür verantwortlich zu machen, wenn er im letzten Jahrzehnte seines Lebens auf Irrpfade geriet. Vielleicht kann es unbillig erscheinen, wenn ich diesen Vorwurf im allgemeinen erhebe; ich schränke ihn deshalb dahin ein, dass einzelne Kunstschriftsteller, wie namentlich Friedrich Pecht, immer in beredter Weise sein Lob verkündigt haben, und dass er auch im Publikum stets eine kleine Gemeinde von Verehrern zählte, die nicht müde ward, für ihn Propaganda zu machen. Doch diese Stimmen fanden wenig Widerhall. Schon als ich Feuerbach kennen lernte, war Verbitterung in seine Seele eingezogen; sie wich dann eine Zeitlang