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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1

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Deutsche

Preßsünden.

Es muß auch solche Kä'ntze geben. — Götbe — Deutschland ist das europäische Mittcllcmd, nicht nur geographisch, sondern auch moralisch. Es gibt in Deutschland keine solche strotzende Gcldsäcke wie auf den vereinigten drei Inseln Brittaniens, aber auch keine so hohläugige Armuth. Wir haben nicht den praktischen Geist der Engländer, aber auch nicht ihre verrückten Originale. Sind wir aber einmal so glücklich, ein solches Original, ein solches hirnvcrschrobencsPrachtstück in unserer Mitte zu entdecken, so ist es die Pflicht eines jeden guten Deutschen, ihn allsogleich aus der Verborgenheit in welcher er lebt herauszureißen, und ihn auf ein Postament zu stellen, als ein Eigenthum der Nation, damit alle Völker schauen, bewundern und sich überzeugen, daß wir auch im Fache der Narrheit unser großen Männer haben. Nach dieser Vorallssetzunggebührt folgender Publication die Ehre aller Welt bekannt zu werden. Schillers Dramen in erzählender Form, bearbeitet von Mehrern. Leipzig bei Ncclam 1842. (Erstes Bändchcn: Wilhelm Tell, von Belani.) Schon der Verleger der ein solches Unternehmen beginnt, und eine Fabrik anlegt, wo Seide in Stricke, Gold in Blei, Marmor in Backstein uud die Poesie iu Prosa umgegossen wird, ist ein kostbares Original der mit vollkommenen Recht darauf Ansprüche machen darf, daß die Cölner Narrcngesellschaft ihm die Schellenkappe zusende. Größer und erhabener aber steht der Schriftsteller da, der seine Hand dazu bietet — die schlechten Werke eines Schiller, die unbekannten Ncime und Verse des Wilhelm Tell, des Carlos und Wallenstein, die kein Mensch ließt und versteht — mit großmüthiger Hingebung in eine ehrliche, mensch¬ liche, wasserklarc, allerweltbegreifliche, saubergewaschenc Prosa zu bearbeiten. Wahrlich diesem Mann sollte die Nation eine Denksäule setzen, nicht in Stuttgart auf dem cmsamenn Schloßplatze; nein! in der volkreichsten Stadt Deutschlands, auf dein breiten Platze in Wien, wo das göttliche Wurstelthcater steht; nicht mit gebogenem Nacken nnd gesenktem Haupte wie Thov38

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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1. Herbig, Leipzig 1841, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/290&oldid=- (Version vom 31.7.2018)