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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1

Verfahren, es gelang ihm eine bessere Druckmaschine zu verfertigen, und so weit trieb ihn der Enthusiasmus, daß er sich eine Zeitlang für den Erfinder des ganzen Systems hielt. Er überließ sich dieser Täuschung, und ganz erfüllt von dem Gedanken, seine Erfindung zu vervollkommnen, brachte er es bei seinem Vater dahin, nach Freiberg gehen zu dürfen, wo er die zur Lithographie tauglichen Steine leichter bekommen konnte. Aber diese Anfangs so lebhafte Leidenschaft war von kurzer Dauer; trotz des Gelingens seiner Versuche, verlor er die Lust an seiner neuen Beschäftigung. Das Mechanische dieser Arbeit, die Furcht seiner inneren Bildung dadurch Eintrag zu thun, bewogen ihn, dieselbe auszugeben. Es ist schwer zu sagen, ob die Kunst im Allgemeinen dabei betheiligt war, daß er die musikalischen Studien wieder ausnahm; denn wenn wir den Freischütz und den Oberon entbehren müßten, so hätten wir ohne Zweifel einige schöne Gemälde dafür zum Ersatz bekommen. Indessen, da es feststeht, daß man das Gewisse immer dem Ungewissen vorziehen muß, so haben wir Ursache, uns über Webers Entschluß Glück zu wünschen.

Sobald Weber sich entschieden hatte, die Steingrabekunst ihrem Schicksal zu überlassen, widmete er sich wieder der Musik, mit jenem Gefühl der Schaam und Ergebung gegen eine Herrin, zu der man zurückkehrt, um die Schuld der Untreue abzubüßen. Er verdoppelte seinen Eifer und seine Ausdauer. Sein erstes Unternehmen war, eine von dem Herrn von Steinsberg geschriebene Oper, das Waldmädchen, in Musik zu setzen. Dies Stück wurde im November des Jahres 1800 zum erstenmale gegeben. Weber war damals vierzehn Jahre alt. Der Erfolg des Stückes übertraf bei Weitem die Erwartungen des jungen Componisten, denn es wurde vierzehn Mal in Wien aufgeführt, ins Böhmische übertragen, und zuletzt auch auf dem Kaiserlichen Hof-Theater zu St. Petersburg gespielt. Zwischen dem Waldmädchen und Webers dritter Oper, Peter Schmoll und seine Nachbaren, welche im folgenden Jahre geschrieben wurde, liegt eine bemerkenswerthe Veränderung des Styles.

Eine in der musikalischen Zeitung befindliche Kritik, worin man die Compositionen der großen Meister im Einzelnen analysirte, hatte Webern bewogen, einen andern Weg einzuschlagen. Diese Thatsache ist ein neuer Beweis, für die Unbeständigkeit seines Charakters und für den Eifer, womit er alles Neue ergriff. In Salzburg, wohin ihn Familienverhältnisse gerufen hatten, componirte Weber den Peter Schmoll, welcher zuerst in Augsburg, im Jahre 1801, zur Aufführung kam. Doch machte diese Oper kein großes Glück, obschon der alte Michael Haydn, der endlich die seltenen Anlagen eines, noch vor wenig Jahren von ihm so streng getadelten Schülers anerkannte, dem Werthe der neuen Composition öffentlich Gerechtigkeit

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Verschiedene: Die Grenzboten (1841/1842), 1. Jahrgang, Band 1. Herbig, Leipzig 1841, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/303&oldid=- (Version vom 31.7.2018)