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Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/339

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

und sein Schicksal erweckten allgemeines Interesse, und die Frauenzimmer besonders schwärmen für den schönen Seminolenchef, machten ihm Besuche und Geschenke. Aber er schien gleichgiltig gegen alles, wurde immer schweigsamer, und von dem Augenblick an, wo er ins Gefängniß gebracht wurde, nahm seine Gesundheit ab, ohne daß er jedoch krank zu sein schien. Es war klar, daß er sterben wollte. Der gefangene Adler konnte, des freien Lebens und der Luft seiner Wälder beraubt, nicht leben.

Zwei seiner Frauen, eine junge und schöne, sowie eine alte und häßliche, folgten ihm ins Gefängniß. Die alte bediente und verpflegte ihn, und sie schien er am meisten zu lieben. Immer nur mit dem einen Gedanken, dem sichern Untergang seines Volkes in dem kalten Land ohne Lichtholz beschäftigt, verbittert und schweigsam, zehrte er allmälig ab und starb einen Monat nach seiner Ankunft im Fort Moultrie, starb, weil er nicht leben konnte. Das Lichtholz in seinem Leben war abgebrannt. Eine Thränenweide beugt sich über den weißen Marmorstein, der sein Grab vor den Mauern der Festung am Meeresstrande bezeichnet. Es sind erst einige Jahre seit er starb, und sein Leben, sein Kampf ist eine abgekürzte Geschichte des Schicksals seiner Nation in diesem Welttheil. Darum und auch des Ausdrucks wegen in seinem schönen Gesicht habe ich eine Kopie seines Porträts mitnehmen wollen, so daß du es sehen kannst. Ich habe viele Personen von ihm sprechen gehört. Im Uebrigen bin ich just nicht schwach für die Indianer, trotz ihrer vereinzelten Tugenden und schönen Charaktere und trotz des Schimmers, womit der Roman sie gerne umhüllt. Sie sind sehr grausam im Krieg miteinander (die verschiedenen Stämme unter sich) und die Männer sind gewöhnlich hart gegen die Weiber, welche sie wie Lastthiere und nicht wie Ihresgleichen behandeln.

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/339&oldid=- (Version vom 29.12.2019)