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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

verboten seien; bei jedem neuen Blitz in Websters Rede erhob sich der Beifallsdonner von Neuem und wurde erst durch das Bedürfniß, den Redner weiter zu hören, gewaltsam zum Schweigen gebracht. Von der entzückten Versammlung wandte ich meine Blicke auf ein Gesicht, das von einer so warmen und reinen Freude strahlte, daß ich nicht umhin konnte, aufs Innigste mit ihm zu sympathisiren, denn dieses Gesicht gehörte der Gattin Websters. Ich habe mir sagen lassen, sie sei das erste Mal, als sie ihren Mann öffentlich sprechen hörte, in Ohnmacht gefallen. Sie sieht indessen kräftig und keineswegs nervenschwach aus.

Man kann sich in der That von Websters Gewalt als Redner, von der klassischen Schönheit und Kraft seiner Sprache (selbst wenn es den Ideen, die er ausspricht, oft an Neuheit, zuweilen an Größe fehlt), sowie von der tiefen Eindringlichkeit seiner Stimme, wenn er auf Etwas Nachdruck legen will, seinen Begriff machen. Wenn dies nicht ein ungewöhnlich großes Naturtalent ist — er sieht nämlich ganz einfach und natürlich aus — so ist es eine sehr große Kunst. Im Allgemeinen schreien die Redner hier zu Lande zu viel, sie sind in ihrem Wesen zu heftig, sie brüllen und bellen die Worte heraus, wenn sie recht kräftig sein wollen. Henry Clay ist von diesem Fehler nicht frei, aber bei ihm ist es weit mehr der innere Drang, und er läßt sich mehr vom Gefühl hinreißen als Webster.

Ungeachtet die Compromißbill jetzt diese beiden Staatsmänner für sich hat, glaubt man doch allgemein, daß sie wenigstens in ihrem gegenwärtigen Omnibus-Charakter durchfallen werde, ja man behauptet sogar, sie sei bereits über den Haufen geworfen. Henry Clay, der jetzt schon sieben Monate für sie gekämpft hat, kämpft noch immer beinahe wie ein sterbender Gladiator für sie und es thut eigentlich weh, wenn man ihn

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/115&oldid=- (Version vom 4.8.2020)