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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

einmal den Eindruck davon in Seele und Sinn bekommt und ihn unauslöschlich behält. Der Strom setzte mich weniger in Staunen, als ich erwartete, aber er ist mehr für mich gewesen. Er ist in mich hineingewachsen und … aber ich will ein andermal mehr davon erzählen.

Es ist nun Abend und finster draußen. Beim Lichtschein und der Musik des Stromgebrauses unter meinem Fenster, ja beinahe unter meinen Füßen (denn wir haben unsere Zimmer im Hotel „Cataract house“ über den Stromschnellen, die mit Blitzesgeschwindigkeit schäumend vorbeischießen, bevor sie zu dem großen Fall kommen) will ich ein wenig mit Dir plaudern und Dir von dem Leben der verflossenen Tage berichten.

Das letzte Mal schrieb ich aus Albany. Der Regen hielt uns den ganzen Nachmittag und Abend im Zimmer. Der Morgen kam grau und trüb. Ich guckte wie eine kalekutische Henne zum Himmel empor aus Furcht vor Regen; aber als ich die grauen Wolken sich verdünnen und blaue Blicke zwischen ihnen hervorleuchten sah, da wurde es mir wohlig zu Muth. Und der Tag war herrlich und die Reise war auch herrlich durch dieß schöne und fruchtbare Mohawks-Thal, längs dem Fluß gleichen Namens, einem lebhaften, brausenden kleinen Strom mit klaren, röthlichen Wogen, die durch grüne, fruchtbare Marken hineilen. Die Wolken nahmen Flügel und flogen hoch empor in das hohe Blau; wie kleine Cherubsflügel verschwanden sie dort und verließen das Firmament, das hochblau und klar strahlte. Die Erde glänzte von Sonnenblumen, theils wilden, theils solchen, die in den kleinen Höfen gepflanzt werden. Ich habe sie nie in solchem Reichthum, auch nie von solcher Größe gesehen. Viele hatten Kronen und waren so hoch wie junge Bäume. An einem Ort sah ich ein Häuschen, das ganz von großen Helianthen, wie von einem Hain umgeben war; die Blumen waren höher als das Haus. Dieses war allerdings nicht hoch.

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/223&oldid=- (Version vom 12.12.2020)