Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band.djvu/271

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

einem Wagen, den ein Herr aus der Stadt zu meiner Verfügung stellte, umhergeführt, um die Stadt zu besehen. Dieß war angenehm. Denn die Stadt ist schön und hat eine ausgezeichnete Lage auf der Höhe zwischen dem Michigansee und dem Millwaukiefluß; auch wächst sie mit aller Macht. Vier große Schulhäuser, eines in jedem Stadtbezirk, glänzten mit ihren aufsteigenden Kuppeln im Sonnenschein. Sie waren noch im Bau begriffen, alle gleich zierlich, obschon ohne Pracht.

Ich sah einige schöne, wohlgebaute Straßen mit schönen Häusern und Buden; ein anderer Schlag als in Chicago! Beinah alle Häuser in Millwaukie sind von Ziegelsteinen, und diese eigene Art Ziegel, die hier aus einer Art Lehmerde verfertigt wird und eine sanfte hellgelbe Farbe hat, gibt der Stadt ein sehr heiteres Ansehen, gleich als leuchtete beständig die Sonne darin. Ich sah auch schöne Landhäuser in der Nähe der Stadt mit schönen freien Aussichten über See und Land. Millwaukie, nicht aber Chicago, verdient die Königin der Binnenseen genannt zu werden. Eine stattliche Stadt auf den sonnbeglänzten Höhen, ruht sie, wächst und breitet sich mit jedem Tage aus. Beinah die Hälfte der Stadt ist deutsch, und dieser Theil wird die „deutsche Stadt" genannt. Sie liegt auf der andern Seite des Millwaukieflusses. Hier sieht man deutsche Häuser, deutsche Inschriften auf Thüren und Schilden, deutsche Physiognomieen. Hier werden deutsche Zeitungen herausgegeben, und manche Deutsche leben hier, die niemals englisch lernen, und sich selten außerhalb der deutschen Stadt begeben. Ueberhaupt scheinen sich die Deutschen im Westen clanweise zusammenzuschließen, wie auch zusammenzuleben und sich zu belustigen, wie im Mutterland. Ihre Musik, ihr Tanz und andere Volksvergnügungen zeichnen sie vor der englischen Bevölkerung aus, die besonders im Westen kein anderes Vergnügen hät als das Geschäft. Das erinnert mich an ein Gespräch,

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/271&oldid=- (Version vom 12.12.2020)