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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage

das der Tochter zu Ehren, um zu zeigen, daß sie wo zu Hause sei und eigentlich nicht nöthig habe, an fremden Festtafeln zu sitzen, sondern selbst ein Fest geben könne. Denn es waren Leute, die auf ihre Besitzthümer, als selbsterworbene, etwas viel hielten.

Um also den vielverheißenden Abend unverkürzt zu genießen, wurden die Aufenthalte an den übrigen Uferorten, wo das Schiff erwartet wurde, genau abgemessen und innegehalten, und das tönende und singende Schiff fuhr rechtzeitig quer über den funkelnden See, von Kanonenschlägen begrüßt, nach Schwanau hinüber und legte an, wo die hohen Bäume der Glor'schen Gärten sich im Wasser spiegelten und darüber weg von den Terrassen und Hügeln ihre Häuser glänzten.

Während das Sängervolk sich unter den Bäumen ausbreitete, verschwand Justine im Hause, um den Ihrigen Handreichung zu thun, wogegen der Vater und die Brüder sich um die zahlreichen Gäste und deren Begrüßung bemühten. In Lauben und Veranden waren Niederlassungen für die Frauen mit den entsprechenden Erfrischungen bereitet; in einer frischgemähten Wiese, unter Fruchtbäumen, lange Tische für die Männer gedeckt. Es dauerte aber nicht lange, so waren auch alle Frauen auf der Wiese, angelockt von den Scherzen, Possen und Neckereien, welche die

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Gottfried Keller: Die Leute von Seldwyla, 2. vermehrte Auflage. Göschen, Stuttgart 1874, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Leute_von_Seldwyla_3-4.pdf/390&oldid=- (Version vom 31.7.2018)