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Der Telephongefreite von der 9. Kompagnie, ein Elektrotechniker namens Hartock, war, wie Weber jetzt Makull erzählte, vor etwa einer halben Stunde auf Kundschaft ausgezogen.

„Er hat sich selbst dazu erboten, wahrscheinlich, um sich warm zu laufen. Der arme Kerl,“ berichtete er weiter, „fror von uns am allermeisten. Diese Telephon-Kommondierten sind wirklich schlecht daran, müssen den Tornister mit Mantel und Zeltbahn bei der Bagage lassen und nur den Kasten mit dem Apparat und der Drahtrolle, sowie ihr Gewehr schleppen. Kommen sie dann in eine Lage wie diese, so fehlt ihnen alles, um sich das Dasein nur einigermaßen erträglich zu machen.“ Und nach einer Weile fügte er hinzu, den letzten Bissen Speck zerkauend:

„Wo der Hartock nur bleibt! Ich fange wirklich schon an mich um ihn zu sorgen.“

Inzwischen hatte auch schon Fritz Makull seine geringen Eßvorräte aus dem Brotbeutel hervorgeholt und teilte nun redlich alles mit Hektor, der zu seinen Füßen lag.

„Wie ist eigentlich der Gefreite von seiner Kompagnie abgekommen?“ fragte der Student den Unteroffizier, der soeben den Rest seines Kommißbrotes wieder fortsteckte und nun mit dem Taschentuch das Schloß seines Gewehres zu reinigen begann.

„Er sollte zum Bataillonskommandeur und diesem melden, daß die Kompagnie keine Munition mehr hätte,“ erwiderte Weber, eifrig die Rostflecken[1] fortreibend. „Dann kam der Kavallerie-Angriff, und da schloß er sich uns an.“

Makull war nun auch mit dem Frühstück fertig.

„Wo habt Ihr eigentlich die Standarte gelassen,“ meinte er, sich suchend auf der kleinen Waldlichtung umsehend. „Ich möchte sie mir doch mal bei hellem Tage beschauen.“

Doch der Unteroffizier schüttelte den Kopf. „Die steckt dort unter dem Reisighaufen. Lassen Sie sie nur liegen, Makull. Wir haben jetzt wichtiges zu tun. Hier können wir nichts bleiben. Wir müssen, sobald wir uns einigermaßen orientiert haben, nach Osten zu weiter, um Anschluß an irgend eine deutsche Gruppe zu gewinnen. Wo nur der Hartock stecken mag! Ob der wirklich den Franzosen irgendwo in die Hände gelaufen ist?“


  1. Vorlage: Rostflecke
Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Die Versprengten. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1914, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Versprengten.pdf/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)