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hinein, der er sich nach mannhafter Gegenwehr nur durch die Flucht entziehen konnte. Da ihn ein feindlicher Offizier, den er vom Pferde zu stechen versucht hatte, mit einer Pistolenkugel so gut wie wehrlos gemacht hatte, vermochte er den ihm hartnäckig bis in den Wald nachsetzenden Reitern nur dadurch zu entgehen, daß er sich in einem Graben verkroch und dann später bei völliger Dunkelheit den Rückweg auf die eigenen Linien zu antrat. Durch den Blutverlust jedoch stark geschwächt, war er nur langsam vorwärts gekommen und schließlich halb ohnmächtig in einem Gehölz liegen geblieben, wo ihn erst die Stimmen der den Forst absuchenden Feinde wieder zu sich brachten, denen er nur mit Mühe sich entziehen konnte. In der Schlucht angelangt, war er in eine von Ginstergestrüpp überwucherte Felsspalte gekrochen, in der die Verfolger ihn nicht zu entdecken vermochten.

Das war des Prinzen von Stelheims Leidensgeschichte. Und nun lag er, von heftigem Wundfieber geschüttelt, in der übelriechenden Felsengrotte, aber wenigstens unter Kameraden, die alles daran setzen wollten, ihn und sich selbst vor einer Gefangennahme zu bewahren.

Inzwischen hatte sich der noch immer bewölkt gewesene Himmel – der Regen war schon in den ersten Morgenstunden vorübergegangen – vollständig aufgeklärt. Gegen elf Uhr vormittag brach die Sonne durch. Alles ringsum gewann plötzlich bei dem erwärmenden Schein des Tagesgestirns ein anderes Aussehen. Neuer Mut, frischer Unternehmungsgeist erfüllte die Herzen der vier Deutschen, die nun, da die Franzosen bereits seit zwei Stunden verschwunden waren, zunächst ihren Schlupfwinkel zu reinigen und sich wohnlich einzurichten begannen. Nachdem der Unrat aus der Grotte entfernt war, mußten die beiden Kriegsfreiwilligen aus dem Walde, natürlich unter Beobachtung aller Vorsichtsmaßregeln, frisches Moos herbeiholen, während der geschickte Hartock aus Tannenzweigen und Eichenästen eine Art Windschutz herstellte, der den Eingang der Höhle bis auf eine ein Meter breite freibleibende Öffnung verdeckte. Von innen wurde diese grüne Wand dann noch mit den Zeltbahnen verkleidet, so daß man es nun nachts wagen konnte, ein kleines Feuer anzuzünden, um die Nahrungsmittel zuzubereiten, die freilich auch erst besorgt werden mußten. Denn damit stand es recht schlecht. Zwei Stücke Speck eine kleine Büchse Konservenfleisch, ein

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W. Belka: Die Versprengten. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1914, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Versprengten.pdf/23&oldid=- (Version vom 31.7.2018)