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wie der Berliner Katalog meint, dem Franciabigio angehören dürfte.

Franciabigio war ein trefflicher Zeichner, wovon der schöne männliche Kopf in der Sammlung der Handzeichnungen im Louvre (No. 93 des Braun’schen Katalogs ) uns ein glänzendes Zeugniß liefert; eine kleinere, ebenfalls für den Meister charakteristische Kreidezeichnung befindet sich unter den Zeichnungen Raffael’s in der Sammlung Wicar in Lille (im Braun’schen Katalog No. 91)[1].

Ein anderer ausgezeichneter florentinischer Porträtmaler, aus freilich späterer Zeit, war Agnolo di Cosimo, genannt il Bronzino. Auch von diesem eleganten Meister, dem Parmigianino der florentinischen Schule, findet sich ein sehr gutes Werk in der Berliner Galerie vor. Es ist das Bildniß des Ugolino Martelli (No. 338a). Seiner literarischen Bildung halber wurde Bronzino in die Akademie der Crusca aufgenommen.

Wenden wir uns jetzt zu einer kurzen Uebersicht der Bilder dieser Sammlung, welche der dritten von Baron von Rumohr hervorgehobenen Verzweigung der florentinischen Schule im 15. Jahrhundert beizuzählen sind, nämlich jener Richtung, die unmittelbar aus den Bestrebungen der Bildner hervorging, und als deren Hauptvertreter Antonio del Pollajuolo, Andrea del Verrocchio, Lionardo da Vinci und Lorenzo di Credi zu betrachten sind.


  1. Schon die Ohrform bei Franciabigio läßt seine Zeichnungen leicht einerseits von denen seines Vorbildes Andrea del Sarto, andererseits von denen seines Schülers Francesco Ubertini, Bacchiacca genannt, unterscheiden. Von diesem letztern Meister besitzt die Sammlung der Uffizien zu Florenz unter dem Namen des Michelangelo mehrere weibliche Köpfe, welche Studien zu seinem schönen Bilde sind, das Fürst Giovanelli in Venedig besitzt, und auf dem Moses dargestellt ist, der das Wasser aus dem Felsen schlägt. Die Zeichnung des Bacchiacca wurde von Philipot photographirt (unter dem Namen des Michelangelo) und führt in seinem Kataloge die Nummer 1188.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/407&oldid=- (Version vom 31.7.2018)