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für den, der sie sieht, oder ein Werkzeug dabey ist.

 Gräfin von R – – – ist überall verehrungswürdig, – auch als Gesellschafterin. – Sie besucht wenige Gesellschaften ausser ihrem Hause, sie vermag den lästigen Ton nicht gut zu ertragen. – Fast alle Gesellschaften von gewöhnlichem Schlage gehen da hinaus: man kommt zusammen, trinkt Thee, spricht von Mode, etwas weniges aus der Zeitung, klagt über verdorbene Zeiten und Theurung, zischt die Abwesenden aus, und beobachtet einander, um in andern Gesellschaften wieder reichhaltigen Stoff zu haben. – Unsre Gräfin ist keine Freundin solcher abgeschmackten Zeitvertreibe; sie empören ihr Herz –, beleidigen ihre Grundsätze. – Andern vernünftigen Ton in den Gesellschaften einzuführen ist Unmöglichkeit, der Gedanke dazu eine Chimäre, – wenn nicht alle Damen eine gute Erziehung genießen. – Sie besucht also nur Gesellschaften aus gewisser Nothwendigkeit, um dem einmahl hergebrachten gedankenlosen Ceremoniel, das Vernunft und Herz schweigen heißt, nachzugeben. Sie verläßt immer ungern aus Zwang ihr Haus. – Die Erziehung ihrer Kinder, und ihr Hauswesen sind ihr theurer als Ball, Spiel und Gesellschaft, sind für sie angenehmere Beschäfftigung und Zeitvertreib.

 Zuweilen sammelt sie einen kleinen Kreis von Freunden um sich her, und dann vergnügt sie sich

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Anonym: Die musterhafte Dame, kein Ideal in: Journal von und für Franken, Band 5. Raw, Nürnberg 1792, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_musterhafte_Dame,_kein_Ideal.pdf/13&oldid=- (Version vom 31.7.2018)