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Anno 1686.
Zu Knobelsdorff[1] lehrt ich beim Pfarr,
Hab 40 mahl gepredigt aldar.

Anno 1687.
Hanauern zu Döhlen war ich werth,
Weil die Hauptflüße ihm beschwehrt.

Anno 1688.
77 Jahr mein Vater stirbt.
All Hoffnung mir zur Pfarr verdirbt.

Anno 1689.
Drum mich wieder nach Dreßden wandt,
Zu sterben beym Praeceptor-Stand.

Anno 1690.
Vorm Thor miethet ich eine Stube,
Bezog sie nicht, hinein mich hube.[2]

Anno 1691.
Im Loche kam ich gar wohl an,
Herrschafft nebst Stub und Kost gewan.

Anno 1692.
Ich lebte da wohl eingericht,
Nothdürfftig mirs an nichts gebricht.

Anno 1693.
Das Predgen bleibet ausgesetzt,
Lehren in Schulen mich ergetzt.

Anno 1694.
Substitut seyn in Tieffenau[3]
Beliebt mir nicht, durch eine Fraw.

Anno 1695.
Alt stirbt die Mutter gleich den Schwane.
Ein Dienst kömt mir von Gott: zu Zahne.[4]

Anno 1696.
Ein Kind, aus Ungarn zugebracht,
Einen Altgesellen zum Manne macht.

Anno 1697.
Eine Tochter Christiana Sophie
Macht mich zum Vater, stirbt sehr früh.

Anno 1698.
Als Stepner[5] von der Welt geschieden,
Man mirs Vicariat beschieden.

Anno 1699.
Unlust macht der Bornschwengel mir,
Ein Garten Haaß (so!) macht Lust dafür.

Anno 1700.
Christian Gottfrid, mein Sohn, stirbt bald.
Vom Rath Metsch Gärtgen ich erhalt.

Anno 1701.
Barbar bringt itzt ans Tagelicht,
Was mein Tauff-Eßen zugericht.

Anno 1702.
Accis Anfang, Schmidts Feuer schreckt,
Jubeljahrs Danck[6] viel Freud erweckt.

Anno 1703.
Hundertfunfzehn Predigten[7] ich schlüß.
Christlieb, mein Sohn, macht Arbeit süß.

Anno 1704.
Die Rose machet, daß ich muß
Den Stock nehmen zum dritten Fuß.

Anno 1705.
Man wirfft meiner Fraun die Fenster ein,
Moßcowiter soltns gewesen seyn.[8]

Anno 1706.
Der, dem mein Nahm im Aug ein Dorn,
Zerhaut den Leichenstein im Zorn.

Anno 1707.
Als Schweden trillten unser Land,
Fand ich in Pelitz[9] sichren Standt.

Anno 1708.
Ich wolt’ nicht laßen mein Gebühr,
Drüm stieß man mich hinaus zur Thür.[10]

Anno 1709.
Wenn groß Winter die Lieb erfrürt,
Aus Lieb mich Gott nach Brießnitz führt.

Anno 1710.
Arbeit zu Brießnitz war vollauff,
Leichen macht häuffig der Durchlauff.

Anno 1711.
Ein Fiber fand sich bey mir ein,
Drey Wochen ging ich, als ein Schein.

Anno 1712.
Die Magd erkrancket auch am Fieber,
Lengen[11] thut wunderlich darüber.

Anno 1713.
Die Schwester, Eydam und ihr Kind
Reumt auf die Haubt-Kranckheit geschwind.

Anno 1714.
Ein Fiber treibt zum Aderlaß.
Ein loß Maul macht mir mehr Unbaß.

Anno 1715.
Siebenzig Jahr alt habe noch feine
Dreyn 90 mahl gepredigt alleine.[12]

Anno 1716.
Grand (so!) Winter bringt ein thewer Jahr,
Auch Krampff-Kranckheit mit Lebens-Gefahr.

Anno 1717.
Schoß, Kretzgart- und Sontags-Anschlagen
Macht, daß im Jubel-Jahr must klagen.


  1. Est mater cum filia (mit letzterer Bezeichnung ist Otzdorf gemeint, dessen Kirche allerdings officiell Schwester-, nicht Tochterkirche derjenigen von Knobelsdorf, zwischen Waldheim und Döbeln, ist).
  2. (Er zog also in die innere Stadt; über das „Loch“ s. O. Richter, Verfassungs- und Verwaltungsgesch. d. St. Dresden I, 25.)
  3. (Tiefenau bei Gröditz, Eph. Großenhain.)
  4. (Zahna bei Wittenberg.)
  5. 5 Jahr lang gewesner Superintend zu Zahna.
  6. Der Akademie zu Wittenb. d. 18.  October.
  7. Sc. super Catech. Lutheri (er hatte also den Lutherschen Katechismus in einer zusammenhängenden Reihe von Predigten behandelt).
  8. (Welche Bewandtniß es mit den Verdrießlichkeiten zu Zahna gehabt hat, läßt sich im Einzelnen ja nicht mehr erkennen. Für den Verdruß mit dem Brunnenschwengel war die Erlangung des Gartenhauses (?) und dann des nach dem früheren Besitzer genannten Gartens wohl eine Genugthuung. Den Namen der Persönlichkeit, die er mit dem Ausdruck „Barbar“ bezeichnet, getraute sich Richter augenscheinlich nicht zu nennen. Russen können wohl im Verlauf der damaligen Kriegsereignisse durch Zahna gekommen sein. Richter hatte allerdings eine andere Ansicht über die Urheber der ihnen zugeschriebenen Schandthat; er hatte ursprünglich für dieses Jahr noch einen dritten Vers hinzugefügt: „Ursache war das verboste (?) Schwein“, hat diesen dann freilich wieder ausgestrichen. Der Ausdruck, der sich übrigens vielleicht nicht auf ein Thier beziehen soll, mochte ihm doch zu stark vorkommen, auch die Symmetrie der Dichtung durch den Zusatz allzusehr zu leiden scheinen.)
  9. In der Marck, 4 Meilen von Zahna gelegen; mit meiner Zurücklaßung meine Fr(au) dahin geflicht.
  10. Dies ist zu Zahna vom Supernt ... geschehen (der ursprünglich beigesetzte Name des Superintendenten ist ausgestrichen und nicht mehr leserlich).
  11. (Doch wohl Deminutiv von „Helene“.)
  12. Sc, absque studioso per annum (also ohne jede Beihülfe).
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/123&oldid=- (Version vom 29.5.2024)