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den Brief nebst Vorschlägen an Se. Majestät wegen Erwählung eines anderen Künstlers gelangen zu lassen. In den Mittagsstunden kommt dann ein königl. Kämmerer mit dem Bescheide, daß ich nach Ermessen entweder von Schwind oder Rethel die Zeichnung übertragen könne. Ich entscheide mich für Schwind... Nachmittags erhalte ich einen Besuch von dem Holzschneider Gaber, der mich auffordert, für ihn etwas auf Holz zu zeichnen.

12) Montag. Brief an Schwind expedirt in der Dante-Albums-Angelegenheit. – Nachmittags holen mich Oehme und Rethel zum Spaziergang ab, und wir begeben uns (leider nur ein bischen zu spät, um der wundervollen Beleuchtung der heutigen Sonne uns zu freuen) nach Grassis Villa.

18) Sonntag... Rethel kommt, und ich erkläre ihm meine Bereitwilligkeit, wie auch die Möglichkeit, ihn in meinem Atelier aufzunehmen.

21) Mittwoch. Es sollen die Versammlungen, die früher bei Engel stattfanden, wieder ins Leben treten, und werden daher von Pecht und Helbig die damals theilnehmenden Künstler und Kunstfreunde aufgefordert, sich nächsten Montag gegen acht Uhr bei Torniamenti einzufinden und auch in Zukunft Montag Abend so oft, als es ihnen möglich ist, in diesem Lokal sich einzustellen. Damals bekam die Versammlung einen sehr demokratischen und wühlerischen Charakter, die politischen Tendenzen wie auch der beizende Tabak trieben mich weg. Ich kann es nicht geradezu ablehnen, nun wieder mich einzufinden, schwerlich wird aber meine Theilnahme lebhaft und dauernd werden. Wie ich, werden meine näheren und lieberen Freunde denken; so wird wohl die Sache überhaupt wieder anders sich gestalten, als die Unternehmer und Aufforderer es wünschen und meinen. –

Oehme und ich besuchen Nachmittag Richter, der nicht ganz wohl ist. Eine neue für Gaber bereits zum Theil auf Holz gezeichnete Komposition „Bauerntanz“ ist voll köstlichen Humors und frischen jugendlichen Lebens. Römische Erinnerungen tauchen auf, und fast mit neidischen Blicken schaue ich auf jene Figuren, die ich selbst zu einem Richterschen Bilde vor fast 30 Jahren gezeichnet habe und die unter Glas und Rahmen in Richters Atelier aufgestellt sind. – Dämmerungskneipe, woselbst Peschel, Bary, Pecht, Hähnel etc. gewöhnlich in den Dämmerungsstunden sich einstellen, die wir auch heute finden. Rethel und Strauch[1] (auch noch solche Dämmerungsgäste) kommen mit mir und bringen den übrigen Abend bei uns zu.

24) Samstag... Nach Tisch kommen Krüger und L. Richter, um aus meinen italienischen Landschaften eine auszusuchen, die Ant. Krüger stechen will.

25) Sonntag... Pletsch aus Berlin, ein Schüler Bendemanns, den ich während der akademischen Studien, die ich drei Wochen lang letzten Sommer leitete, kennen lernte, bringt mir etliche Kompositionen zur Ansicht. Er ist offenbar ein sehr talentvoller Mensch, und seine Arbeiten haben ein ernstes, gutes Gepräge. Ich habe aber ordentlich Angst, daß er in mein Atelier aufgenommen sein und Bendemann verlassen wolle; denn es würde vielen scheinen, daß ich meinem Kollegen seine besten Schüler mit Absicht abspänstig machte.

28) Mittwoch.... Besuch von Herrn Weinhold, jenem Lithographen, der das Glück gehabt hat, während seines Aufenthaltes in Spanien hier von denselben Damen bestohlen zu werden, die unser Galeriebildchen geraubt haben.

Dezember.

4) Dienstag... Mittagsessen bei Graf Bose, woselbst ich Herrn Prof. Thienemann kennen lerne. Eine eigenthümliche Erscheinung dieser Naturforscher, er erinnert mit seinem derb geformten Gesicht und langen Haar, wie auch in seiner Gestalt an Maßmann. Von ihm wird nächstens ein großes Werk über die Eier erwartet. Außer Thienemann sind Geheimer Rath von Langenn und Regierungsrath Schulz zugegen, und die Unterhaltung ist äußerst belebt. In Betreff unserer politischen Verhältnisse meint Langenn, daß wir ein großes deutsches, sämmtliche Staaten umfassendes Reich nicht zu erwarten hätten (ein Volk, welches einmal ein solches Alter erreicht, wie das deutsche, werde diese Erscheinung nicht mehr hervorbringen), wohl aber würden die kleinen Staaten eingehen, und es würden sich etwa sechs Staaten bilden, die eine Trias in der Art gestalteten, daß ein Theil durch Oestreich, der andere durch Preußen und der dritte in den übrigen vier kleineren Staaten sich darstellte.

5) Mittwoch... Den Abend bringe ich bei Bose zu, woselbst Geheimer Rath von Langenn die Beschreibung seiner Reise mit dem Prinzen Johann und dessen Kindern nach Bayern (im Jahre 1836–1837?) vorliest. Die Beschreibung ist sehr anziehend und wird durch die eingewebten Bilder der Vorzeit höchst lehrreich, so daß ich, was mir sonst sauer wird, mit ununterbrochener Spannung der Lesung bis in den späten Abend hinein folge.

14) Freitag... Rethel zeigt mir seine Komposition „Christus am Oelberg“, mit welcher er konkurrirt wegen Ausführung eines Altarblattes für eine Kirche in Norwegen.

16) Sonntag.... Die Kinder gehen zu einem musikalischen Abend zu Blochmanns. Ich bin den Abend über sehr herabgestimmt. Die Schmerzen am Beine


  1. Historienmaler.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/183&oldid=- (Version vom 19.5.2024)