Seite:Faust II (Goethe) 130.jpg

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Ich hatte Phöbus nie gesehn,

Noch Ares, Hermes, wie sie heißen;

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Da sah ich mir vor Augen stehn

Was alle Menschen göttlich preisen.
So war er ein geborner König,
Als Jüngling herrlichst anzuschaun;
Dem ältern Bruder unterthänig

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Und auch den allerliebsten Fraun.

Den zweyten zeugt nicht Gäa wieder;
Nicht führt ihn Hebe himmelein;
Vergebens mühen sich die Lieder,
Vergebens quälen sie den Stein.

Faust.

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So sehr auch Bildner auf ihn pochen,

So herrlich kam er nie zur Schau.
Vom schönsten Mann hast du gesprochen,
Nun sprich auch von der schönsten Frau!

Chiron.
Was!… Frauen-Schönheit will nichts heißen,

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Ist gar zu oft ein starres Bild;

Nur solch ein Wesen kann ich preisen
Das froh und lebenslustig quillt.
Die Schöne bleibt sich selber selig;
Die Anmuth macht unwiderstehlich,

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Wie Helena, da ich sie trug.


Faust.
Du trugst sie?

Chiron.

 Ja, auf diesem Rücken.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie zweiter Teil. Tübingen 1832, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_II_(Goethe)_130.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)