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fremder Herrscherfamilien, welche sich in Frankreich aufhielten. Weiter aber erscheint er als stehender Titel für eine bestimmte Rangklasse weltlicher Grossen, wie im Königreiche Sicilien, später auch im Reiche; aber nicht früh; es dürfte der Gebrauch erst unter Einwirkung des Beispiels der burgundischen Lande, wo 1486 zuerst den Croy der Fürstentitel in dieser engern Bedeutung ertheilt wurde[1], entstanden sein. Zwar wird schon 1478 ein principatus Chalesius (Chalus?) urkundlich erwähnt[2]; vereinzelt könnte sich ein solcher Titel recht wohl, wie ja die Fürsten von Oranien uns ein Beispiel bieten werden, von jenem ältern Gebrauche her erhalten haben, wonach Barone vielfach den Titel Princeps führten.[3] Im allgemeinen scheint das freilich in Frankreich so wenig, als in Burgund oder Lothringen der Fall gewesen zu sein; schon um 1150 finden wir den Herrn von Joinville urkundlich Princeps genannt[4], was nicht ausschloss, dass 1552 die Herrschaft Joinville ausdrücklich zum Fürstenthume erhoben wurde, das erste Beispiel einer solchen Erhebung in Frankreich; es folgten die Fürstenthümer Porcean 1561, Mercoeur 1563, Guemene 1570, dann eine Reihe anderer.[5] Das Rangverhältniss war dem im Reiche entsprechend; so wurde das Fürstenthum Mercoeur schon 1569 weiter zum Herzogthume und zur Pairie erhoben.[6]

90 Die entsprechenden Verhältnisse Englands liegen unsern Zwecken zu fern, um näher auf sie einzugehen. Die Pairie dürfte auch hier das dem Reichsfürstenstande vielfach entsprechende Verhältniss sein und es möchte beachtenswerth sein, dass schon früh ein deutscher Reichsfürst zum Pair von England erhoben wurde. Von dem erst 1336 zum Reichsfürsten erhobenen Markgrafen von Jülich sagt nämlich K. Eduard 1340: dictum Guillelmum in comitem per cincturam gladii et in parem eiusdem regni sollempniter et rite creamus de regie plenitudine potestatis, nomen comitis Cantebrygensis sibi pro ipso et heredibus suis – pro tytulo perpetuo concedentes.[7] Auf die häufigen Lehnsverbindungen deutscher Fürsten und Magnaten mit ausländischen Königen, mit denen diese Erhebung im Zusammenhange steht, werden wir für andere Zwecke noch genauer eingehen müssen.


IX.

91Fassen wir nun aus den Erörterungen über die Erhebung in den Fürstenstand das wieder auf, was uns zunächst zu ihnen veranlasste, so fanden wir, dass seit dem Ende des zwölften Jahrhunderts Personen, welche nach dem ältern Begriffe des Reichsfürstenstandes diesem unzweifelhaft von vornherein angehört hätten, jetzt einer besondern Erhebung

  1. Vgl. § 83.
  2. Ducange ad v. Princeps.
  3. Vgl. § 5.
  4. Perard 229.
  5. Ducange ad v. Princeps.
  6. Gebhardi 1, 498.
  7. Lacombl. 3, n. 349.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_156.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)