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Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/372

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und dich dennoch verschonte? Denn hätte ich dein Verderben gewollt, so würdest du mir nicht entschlüpft sein, 289 und wie ich dir einen Zipfel deines Gewandes abschnitt, hätte ich dir auch ebenso leicht das Haupt abschlagen können.“ Zur Bestätigung seiner Aussage zeigte hier David den Tuchlappen vor. „Ich habe mich aber,“ fuhr er dann fort, „gerechter Rache gegen dich enthalten; du dagegen scheust dich nicht, mich mit unversöhnlichem Hass zu verfolgen. Möge Gott zwischen uns entscheiden und unseren Wandel prüfen.“ 290 Da entsetzte sich Saul darüber, dass er einer so grossen Gefahr entgangen war, und indem er vor Davids Bescheidenheit und Edelmut verstummte, seufzte er auf. Das Gleiche that David, und Saul hob nun an zu sprechen: „Ich habe viel mehr Grund zu seufzen als du; denn du hast mir nur Gutes erwiesen, ich aber habe dir nur Übles zugefügt. Heute hast du gezeigt, dass in dir die Gerechtigkeit unserer Vorfahren fortlebt, die ihre in der Wüste gefangenen Feinde grossmütig am Leben liessen. 291 Hieraus erkenne ich, dass Gott dir die Königswürde bestimmt hat, und dass du über alle Hebräer herrschen wirst. Schwöre mir daher, du wollest dann mein Geschlecht verschonen und nicht im Hinblick auf meine Ungerechtigkeit meine Kinder dem Verderben weihen, vielmehr mein Haus unter deinen besonderen Schutz nehmen.“ David leistete denn auch den verlangten Schwur und liess den Saul heimkehren, er selbst aber zog sich in die Schluchten des Mastheron-Gebirges zurück.

(5.) 292 Um diese Zeit schied der Prophet Samuel aus dem Leben. Die grosse Verehrung, welche er bei den Hebräern genoss, zeigte sich besonders darin, dass man lange um ihn trauerte und jammerte, und dass man seine Bestattung und die Leichenceremonien mit grosser Feierlichkeit vollzog. 293 Die Beisetzung fand in seiner Vaterstadt Armatha statt, und man beweinte ihn nicht wie in öffentlicher Trauer, sondern gerade so, als ob jeder einzelne den Verlust erlitten hätte. 294 Von Natur war er mit einem besonderen Gerechtigkeitssinne begabt, und

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/372&oldid=- (Version vom 23.9.2020)