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Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/618

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aller Kräfte. Zugleich wurde Jerusalem von Hungersnot und Pest bedrängt, den beiden grössten Übeln, welche eine belagerte Stadt treffen können. Diese Plagen wüteten in grauenhafter Weise. 117 Inzwischen schwieg auch der Seher Jeremias nicht, obwohl er im Gefängnis schmachtete, sondern ermahnte mit lauter Stimme das Volk, es solle die Thore öffnen und den Babylonier einlassen. Wenn sie das thäten, würden sie alle gerettet werden, im anderen Falle aber umkommen. 118 Er verkündigte, dass jeder, der in der Stadt bleibe, entweder vom Hunger oder vom Schwert der Feinde werde dahingerafft werden, und nur, wer zum Feinde fliehe, könne dem Tode entgehen. 119 Die Vornehmen aber hörten auch jetzt, da sie in höchster Lebensgefahr schwebten, nicht auf seine Worte, sondern hinterbrachten sie voll Zorn dem Könige und verklagten den Seher als einen Thoren, der ihnen den Mut nehme und durch Unglücksprophezeiungen den Eifer und das Vertrauen des Volkes zu lähmen suche. Denn dieses sei bereit, für König und Vaterland jede Gefahr zu bestehen, während der Seher es beharrlich ermahne, zum Feinde überzugehen, da die Stadt doch eingenommen und zerstört werden würde.

(5.) 120 Der König war nun freilich, da er von Natur gütig und gerecht war, nicht dazu zu bringen, dass er selbst gegen den Seher einschritt. Um sich aber in der jetzigen schlimmen Zeit nicht mit den Vornehmen zu verfeinden, überliess er ihnen den Jeremias, um mit ihm nach Gutdünken zu verfahren. 121 Sobald sie diese Erlaubnis vom Könige erhalten hatten, drangen sie in das Gefängnis ein, ergriffen ihn, führten ihn hinaus und liessen ihn mit Stricken in eine Kotgrube hinab, um ihn darin ersticken zu lassen. Jeremias sank so tief in den Schlamm, dass nur seine Augen und seine Nasenöffnung noch über demselben sieh befanden, und schwebte also in grosser Lebensgefahr. 122 Inzwischen aber berichtete ein Diener des Königs, der Aethiope von Geburt war und beim Könige damals in hoher

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 619. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/618&oldid=- (Version vom 12.12.2020)