Seite:Fliegende Blätter 2.djvu/31

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Blandine.

Dir bin ich ewig zu eigen,
Nur dir will ich Liebe bezeigen!


Lenardo.

Du bist mir ewig zu eigen,
Wie vergelt’ ich die Lieb’ ohne Gleichen?


Der König.

Ha! sie ist ihm ewig zu eigen,
Kaum kann meine Wuth ich verschweigen!


Der Molch.

Ja sie sind sich ewig zu eigen,
Doch die Rache, sie soll euch erreichen.


In der höchsten Aufregung entfällt dem Molch der Dolch, Lenardo erschrickt bei dem Geräusch, springt auf, will durch den unterirdischen Gang entfliehen, wird aber sogleich von unzähligen Dolchstichen durchbohrt, sinkt mit etlichen verliebten Abschiedvomlebengestikulationen zu Boden und stirbt. Der Molch beweiset seine anatomischen Kenntnisse, indem er dem Unglücklichen geschickt das Herz herausschneidet, worauf sich die Beiden meuchlings entfernen. Blandine ist auf dem Sopha sanft eingeschlafen und agirt einen süßen Traum. Zuletzt verlischt das Nachtlicht und der Vorhang verhüllt wehmüthig die Scene.



Ende des dritten Aktes.

(Schluß folgt.)




Die Todesnachricht.


Eine traurige Novelle von L. K.


Die Sonne küßte mit ihren heißesten Strahlen die stillen grünen Fluthen des majestätischen Rheines und vergoldete die Rebhügel und Waldesgipfel mit ihrem reinsten Golde. Der Himmel prangte im schönsten Blau und die Luft war so frisch und klar, daß eine unaussprechliche Lebensfreudigkeit jede Brust durchströmte. –

Diese poetische Einleitung ist um so nothwendiger, als die merkwürdige Begebenheit, die ich dir, freundlicher Leser und holde Leserin, jetzt erzählen will, sich im jüngsten Juli ereignete, in welchem Monat bekanntlich das deutsche Wetter so verdrüßlich war, daß der Sonnenschein in’s Reich der Fabel verbannt wurde, und die arme Menschheit nicht mehr wußte, ob sie auf dem Lande gehen oder schwimmen sollte.

Ich befand mich auf dem berühmten Dampfer „Elberfeld.“ Merkwürdigerweise hatten sich nur wenig Passagiere am Bord eingefunden, und deßhalb mußte eine von den übrigen Reisenden abgesonderte Gruppe doppelt auffallen. Diese Gruppe, eine Berliner Familie, bestand aus fünf Personen. Der Patriarch derselben, ein hypochonderischer Justizrath aus Berlin, gönnte von seinem sterblichen Theile dem Auge seiner Nebenmenschen nichts als eine lange Nase. Dieses sehr hervorragende Geruchsorgan abgerechnet, war sein vergänglicher Leib wie eine egyptische Mumie von Shawls, Makintoshs, Wämmsern und Jacken so eng umwickelt und umhüllt, als ob er seine Kleidungsstücke als schweißtreibende Mittel gebrauchen wollte. Und dennoch war er eigentlich gar nicht angekleidet, sondern immer nur im Ankleiden begriffen. Bald zog er, aus Furcht vor einem tückischen Zugwind, einen Pelz über den Sackpaletot; bald vertauschte er den Sackpaletot mit einem weiten, doppelt wattirten Schlafrock und den Pelz mit einen kragenreichen Mantel. Kurz, der Hypochonder hatte seinen Koffer und Mantelsack auf dem Leibe, so daß man sich gar nicht denken konnte, was eigentlich von ihm übrig bleiben könne, wenn er Abends in’s Bett stiege.

Die menschlichen Kräfte dieses Mannes hätten bei diesem ewigen Ankleiden und Kleiderwechseln nicht ausgereicht, wäre er nicht dabei von seiner Tochter Mina auf’s hülfreichste und sorgfältigste unterstützt worden.

Mina war ein bleiches schwärmendes und schwärmerisches Mädchen, über dessen blondes Haupt mehr als sieben und zwanzig Berliner Lenze dahingegangen. Mina hatte nicht allein blaue Augen, sondern auch blaue Ränder um dieselben; sie trug nicht allein ein blaues Kleid, sondern auch ein blaues Tuch und ein blaues Band im Haar, so daß sie aussah wie die verwelkte Unschuld im Gewande der Sanftmuth. Mina war stets in Extase, und zwar in jener Extase, die gern Proselyten macht. Alles, was in ihrer Nähe war, mußte sich mit ihr der Begeisterung unterwerfen. Sie begnügte sich nicht mit ihrer eigenen Schwärmerei; sie wollte Mitschwärmer.

Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 027. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/31&oldid=- (Version vom 14.2.2021)