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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Er trat zu Marga. „Baroneß,“ sagte er, „Sie verderben Ihre Hände.“

„Arbeit schändet nicht,“ sprach sie und arbeitete emsig weiter.

„Aber Erde beschmutzt,“ erwiderte er schlagfertig, „sehen Sie, wie Ihr helles Kleid aussieht.“

Sie richtete sich auf und sah ihm voll in die Augen.

„Sie haben recht,“ sprach sie, „wollen Sie nicht Semmits Darthe begrüßen, Baron?“

Wohlgefällig betrachtete er das schweigsame Mädchen.

„Mais c’est une beauté!“ murmelte er. „Un vrai type bohémien.“

„N’est ce pas?“ gab sie zurück.

„Ei, Darthe,“ sagte Baron Wolf, „mir scheint, wir kennen uns schon lange!“

Sie warf einen düsteren funkelnden Blick zu ihm empor und grub schweigend weiter. „Kann schon sein,“ murmelte sie gleichmütig.

„Une fiertè de reine,“ sagte er wieder, „elle m’intéresse. – Höre,“ sprach er weiter, „warst du’s nicht, die vor ein Dutzend Jahren die Dohle, um die wir einen Wettlauf machten, fliegen ließest?“

„Jawohl, gnädiger Herr.“ Um ihre Mundwinkel zuckte ein trotziges Lächeln.

„Warum tatest du es denn?“ fragte er freundlich. „Sieh mal, ich bin ein neugieriger Mensch und möchte es gerne wissen.“

„Was ist das für eine Geschichte mit der Dohle?“ fiel Baroneß Marga ein.

Empfohlene Zitierweise:
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/221&oldid=- (Version vom 1.8.2018)