Seite:Freiligrath-Prozess.djvu/43

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ereigniß. Wenn durch eine Verkettung der Umstände die Dinge so verwickelt sind, daß die gesetzmäßige Entwickelung nicht mehr zum Ziele führt, dann tritt wohl ein gewaltsamer Umschwung ein, aber sie ist nicht die That, der Wille eines Einzelnen, sie ist der Ausdruck des Gesammtwillens. – Ich kann also als Regel feststellen, daß jede Art der Gewalt zur Durchführung einer politischen Ansicht, wenn sie die vereinzelte That eines oder mehrerer Einzelnen ist, das politische Verbrechen bildet. Diese Gewalt kann eine äußere sein, oder auch eine geistige, durch Einwirkung auf die Willensbestimmung Anderer. Dieser Fall liegt uns gegenwärtig vor und das Gesetz, auf welches die heutige Anklage sich gründet, lautet dahin:

„Alle diejenigen, welche durch an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Versammlungen gehaltene Reden, oder mittelst angeschlagener Zettel oder gedruckter Schriften die Bürger oder Einwohner unmittelbar anreizen, die vorerwähnten Verbrechen zu begehen oder die erwähnten Komplotte zu machen, sollen als Mitschuldige an diesen Verbrechen und Komplotten bestraft werden. In diesen vorerwähnten Strafgesetzen, worauf der Artikel sich bezieht, ist der Attentate, der wirklichen Angriffe auf die Ordnung des Staats und der Komplotte, das heißt der Verabredungen zur Ausführung solcher Attentate gedacht.

Als Ziel solcher Attentate ist des Angriffs auf das Leben des Regenten und seiner Familie, der Aenderung oder Umsturz der Thronfolge oder der Staatsverfassung, des Widerstandes gegen die Regierungsgewalt, der Erregung des Bürgerkriegs und der Stiftung bewaffneter Banden zu staatsverbrecherischen Handlungen gedacht.

Wer hierzu direkt anreizt, der soll bestraft werden.

Eine Anreizung muß also stattgefunden haben, und dieser Anreiz muß ein direkter gewesen sein.

Empfohlene Zitierweise:
Stenographischer Bericht des Processes gegen den Dichter Ferdinand Freiligrath. Düsseldorf 1848, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiligrath-Prozess.djvu/43&oldid=- (Version vom 18.8.2016)