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Kräften sind als Güter anzusehen, welche die Person als Mitgabe von Gott empfangen hat. Die Person des Menschen besteht aus zwei Wesensbestandteilen, welche eine Einheit bilden, von welchen der eine dem andern untergeordnet ist als das dienende Element. Sich selbst zu erbauen, d. h. an seiner Erziehung für das Reich Gottes und seiner Vollendung zu arbeiten, ist die erste Pflicht, die erste und heiligste Sorge des Christen und wesentlich eins mit der Frömmigkeit. Die Person des Christen hat sowohl einen irdischen als auch einen himmlischen Beruf. Dem Christen liegt ob die Fürsorge für das ewige Wohl seiner Seele (das ist sein himmlischer Beruf) und die Fürsorge für sein irdisches Wohl, sein irdisch-leibliches Leben (irdischer Beruf. Beruf jedesmal gleich Aufgabe). Der erstere ist der Hauptberuf des Christen. Doch erstreckt sich die Thätigkeit im himmlischen Beruf in gewisser Beziehung auch auf den Leib, während umgekehrt der irdische Beruf auch eine Ausbildung der verschiedenen Seelenkräfte für Erreichung irdischer Zwecke fordert. Was nun

 a. die Fürsorge für das Wohl der Seele anlangt, so soll der Christ seine Seele erbauen auf den Glaubensgrund, aus den er gesetzt ist, für das himmlische Ziel, ihre Heiligung und Beseligung. Das geschieht, wenn er mit Selbstverleugnung und Darangabe des Eigenlebens in dem Leben aus Gott aufgeht. Die Seele des Menschen ist teuer erkauft, durch das Blut Christi. Darum hat sie einen unendlichen Wert. Darum ist der Mensch nicht sein eigen in Beziehung auf seine Seele. Seine erlöste Seele zu bewahren und für ihre Förderung und Vollendung Sorge zu tragen, ist erste und oberste Aufgabe des Christen. Das ist sein himmlischer Beruf.

 b. Der Leib ist nicht Selbstzweck, sondern dazu bestimmt, der Seele treuer Diener und Geselle zu ihrem irdischen und himmlischen Beruf zu sein. Doch ist er ein wesentlicher Teil des Menschen und verlangt daher, daß man ihm seine Ehre thue nach seiner Notdurft (Kol. 2, 23); das geschieht und wird ermöglicht durch den irdischen Beruf. Der Leib ist aber auch wie die Seele mit Christi Blut erlöst und eine Wohnung und Tempel des heiligen Geistes. – Daher hat er, jedoch nicht in dem Maß wie die Seele, einen hohen Wert, und kraft der Auferstehung Christi eine ewige Dauer und Jugend wie die Seele und nimmt an ihrer Herrlichkeit teil nach der Verheißung und in Hoffnung, wiewohl er dem zeitlichen Tode unterworfen ist. Weil der Leib ein Geschöpf Gottes, von Christo erlöst, vom heiligen