Seite:George Sand Indiana.djvu/146

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auf sein Schiff zurückkehre. Von ihrem Felsen aus beobachtete sie nun regelmäßig den Gebirgsweg, auf dem der Kapitän Random, um zum Hafen zu gelangen, kommen mußte. Zwei Tage vor der Abfahrt des Schiffes war ihr endlich der Zufall günstig. Sie sah den Kapitän auf dem Fußsteige herannahen und eilte auf ihn zu.

„Mein Herr,“ redete sie ihn an, all ihren Mut zusammennehmend, „ich komme, meine Ehre und mein Leben in Ihre Hände zu geben. Ich will die Kolonie heimlich verlassen und nach Frankreich zurückkehren. Wenn Sie das Geheimnis, das ich Ihnen anvertraue, verraten, so bleibt mir nichts anderes übrig, als mich ins Meer zu stürzen. Ich bin sehr unglücklich; wenn Sie wüßten, wie entsetzlich mein Dasein in diesem Lande ist, würden Sie Mitleid mit mir haben.“

Der edle, rührende Ausdruck Indianas imponierte dem Kapitän. Er ahnte sogleich, wen er vor sich habe, denn jener Vorfall zwischen Delmare und seiner jungen Frau war in der ganzen Kolonie bekannt geworden. Als sein Blick auf diesem schönen, schwachen Wesen ruhte, fiel ihm die Unschuld und Reinheit desselben auf, besonders wurde er lebhaft bewegt, als er auf ihrer Stirn eine rote Schramme wahrnahm. Er hatte mit Delmare in Handelsverbindungen gestanden und gegen diesen in den Geschäften so strengen und eisernen Mann einen Groll gefaßt.

„Zum Teufel,“ rief er, „Delmare ist ein Korsar, dem ich sehr gern diesen Streich spiele; aber bedenken Sie, daß mein guter Ruf hier auf dem Spiele steht. Sie müssen ohne Aufsehen beim Niedergang des Mondes entschlüpfen.“

„Ich weiß, mein Herr,“ antwortete Indiana, „daß Sie mir diesen wichtigen Dienst nur durch Übertretung der Gesetze leisten, Sie laufen vielleicht Gefahr, eine Strafe bezahlen zu müssen, deshalb biete ich Ihnen diesen Schmuck an, dessen Wert wenigstens dem doppelten Preise der Überfahrt gleichkommt.“ Sie übergab ihm ein Kästchen mit Juwelen, die ihr einst Frau

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George Sand: Indiana. Karl Prochaska, Leipzig [u.a.] [1904], Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:George_Sand_Indiana.djvu/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)