Seite:George Sand Indiana.djvu/60

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den königlichen Wäldern zu nehmen, aber jeden ohne Umstände töten würde, der in dem seinigen einen dürren Zweig aufläse. Er mischte sich in nichts, was um ihn her vorging, aus Furcht, einen Dienst leisten zu müssen. Aber wenn er sich aus Ehrgefühl zu einem solchen verbunden glaubte, so bewies niemand einen tätigeren Eifer. Voll Vertrauen wie ein Kind, und doch auch argwöhnisch wie ein Despot, glaubte er einem falschen Schwur und mißtraute einem aufrichtigen Versprechen. Er war unfähig, seine Frau zu schätzen oder sie auch nur zu verstehen. In Indianas Herzen hatte die Sklaverei eine Art tugendhafter und stummer Abneigung gegen ihren Gatten erzeugt, die nicht immer gerecht war. Er war nur hart und sie hielt ihn für grausam. In seinem Ungestüm lag mehr Rauhheit als Zorn. Die Natur hatte ihn nicht bösartig geschaffen; er hatte Augenblicke des Mitleids, die ihn bis zur Reue führten, und in der Reue war er fast gefühlvoll. Das kriegerische Lagerleben hatte die Rohheit bei ihm zur zweiten Natur gemacht. Einer weniger geschmeidigen, weniger sanften Frau gegenüber wäre er schüchtern wie ein gezähmter Wolf gewesen. Aber Indiana war ihres Schicksals überdrüssig, sie gab sich nicht die Mühe, zu versuchen, es besser zu gestalten.


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George Sand: Indiana. Karl Prochaska, Leipzig [u.a.] [1904], Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:George_Sand_Indiana.djvu/60&oldid=- (Version vom 1.8.2018)