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gebracht hatte. Nun brauchten ihn seine Eltern zu mancherlei häuslichen Geschäften, besonders zum Viehhüten, wobei er seine in der Schule erlangten Kenntnisse bei gefundener Muße zu vermehren suchte.

Im Jahre 1713 kam er durch einen glücklichen Zufall nach Bernstadt und diente daselbst ein Jahr lang bei dem Licent. C. G. Alberti, ausübenden Arzte, als Famulus wo er Gelegenheit fand, sich in der deutschen Rechtschreibung und in der lateinischen Sprache fester zu setzen, zu welchem Zwecke er sich ein deutsch-lateinisches Wörterbuch und die Biblia vulgata Mainz 1609. 4. kaufte. Weil ihm aber oft hebräische und griechische Wörter in Schriften vorkamen, auch zuweilen auf Kanzeln des Grundtextes Erwähnung geschahe, so ward er begierig, auch diese Sprachen zu lernen.

Hierzu machte er in seinem 24. Jahre den Anfang, indem er sich aus einem alten Büchlein – wie er es nannte – das hebräische und aus einem andern das griechische Alphabet abschrieb. Bald darauf schaffte er sich das griechische neue Testament mit der lateinischen Uebersetzung Erasmi Roterod. an. Dieses nahm er fleißig mit in die Kirche und schlug sorgfältig nach, wenn der oder jener Spruch ausführlich erklärt ward, auch führte er solches bei sich herum, um bei Gelegenheit darin zu lesen und darüber nachzudenken, zu welchem letzteren Zwecke er auch im 32. Jahre seines Alters 10 Thaler auf des Olearius Bibel in 5 Bänden, in Folio, verwandte.

Um diese Zeit bekam er die böhmische Bibel, gleichfalls in Folio, und da er daraus sahe, wie nahe die böhmische mit der wendischen Sprache verwandt ist, so machte er sich auch darüber und erlernte sie in kurzer Zeit. In einer Bücherversteigerung zu Budissin erstand er sich Frischens französisch-deutsches Wörterbuch, damit er wenigstens die ihm unbekannten französischen Wörter, die in Schriften vorkamen, verstehen lernte. Weil er noch nicht französisch lesen konnte, so war ihm darin J. J. Böhmer, wendischer Prediger zu Postwitz, behülflich, der ihm nicht nur einigen Unterricht darinnen ertheilte, sondern auch des Nathan. Duez französischer Sprachlehre schenkte, bis er sich des Pepliers Grammaire und den französischen Langen nebst des Martin französ. Bibel anschaffte, warauf er sich mit vielem Ernste auf diese Sprache legte.

In seinem 44. Jahre verhalf ihm der Superint. M. Kloz in Bischofswerda zu Opitzes hebräischer Bibel, wofür er 4 Thaler terminweise bezahlte, indem er wöchentlich 1 Groschen bei Seite legte, damit er den Aufwand in seiner kleinen Wirthschaft nicht zu sehr gewahr werden möchte. Da er bereits mit einer hebräischen Grammatik und einem Wörterbuche versehen war, so machte er auch in dieser Sprache ziemliche Fortschritte, wobei ihm die im Lande herum handelnden Juden, wenn sie bei ihm die Niederlage machten oder Sabbath hielten, behilflich waren, auch ihm in der rabbinischen und jüdisch-deutschen Schreibart Unterricht gaben.

Im 48. Jahre seines Alters fing er das Italienische an, kaufte sich

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Peter Lieschke: Zur Geschichte des Ortes und der Parochie Göda bei Bautzen. J. E. Schmaler, Bautzen 1876, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Ort_und_Parochie_G%C3%B6da.pdf/48&oldid=- (Version vom 1.8.2018)