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I.
Besitz- und Gerichtsverhältnisse
in Göda.

Der im Herzen Deutschlands zwischen dem Queißflusse östlich und der Wesenitz westlich gelegene, von der Neisse und Spree durchzogene Landstrich, dessen größerer Theil später die obere Lausitz genannt wurde, war im zehnten Jahrhundert christlicher Zeitrechnung von einem wendischen Volksstamme bewohnt, welcher zu der wendischen Völkerfamilie gehörte, die sich von den Gestaden der Ostsee an über das nördliche Deutschland bis gegen die Mitte desselben erstreckte. Nach den uns überlieferten urkundlichen Nachrichten führte dieser Volksstamm den Namen: „Milczener“, während die von ihm bewohnte Gegend das Land „Milcze oder Miltse“ hieß. Man nimmt an, daß die Wenden zur Zeit der großen Völkerwanderung im 5. und 6. Jahrhundert in die von ihnen später besessenen Länder und Gebiete vom Nordosten her eingerückt sind und darin sich niedergelassen, theils die früheren Bewohner verdrängt, theils mit denselben in Gemeinschaft weiter gelebt haben. Soweit unsere Kenntniß reicht, trieben diese Wenden Ackerbau und Viehzucht. Der Boden wurde mit dem Haken bearbeitet, die Frucht mit der Sichel geerntet. Die ausgedehnten Waldungen hegten eine große Zahl von Hirschen, wilden Schweinen, Büffeln, Bären u. s. w., welchen der Jäger nachging. Die wilde Bienenzucht brachte reiche Erträgnisse an Wachs und Honig.

Die Verfassungsverhältnisse der verschiedenen wendischen Volksstämme waren nicht gleich. Was die Mil[i]czener betrifft, so ist keine Spur vorhanden, daß dieselben unter einem gemeinschaftlichen Oberhaupte gelebt hätten. Doch gab es unter denselben Freie und Unfreie oder Herrn und Sclaven (Knechte, servi) und nur das läßt sich mit ziemlicher Gewißheit annehmen, daß wie in anderen wendischen Gebieten auch das Land der Milczener mit einer Anzahl fester Plätze versehen war, in welche sich

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Peter Lieschke: Zur Geschichte des Ortes und der Parochie Göda bei Bautzen. J. E. Schmaler, Bautzen 1876, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Ort_und_Parochie_G%C3%B6da.pdf/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)