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verpfändete Ludwig XI. als Sicherheit für ein ihm von der pariser medizinischen Fakultät geliehenes Manuskript des arabischen Arztes Rhases sein Silbergeschirr und stellte außerdem noch einen Edelmann als Bürgen für die Rückgabe. Ja, die Gräfin von Blois, die Gattin eines Barons von Castellane, vermachte 1392 in ihrem Testament ihrer Tochter ein Manuskript des „Corpus juris“ auf Pergament, unter der Bedingung, daß sie einen Rechtsgelehrten heirate, damit dieser kostbare Schatz in die rechten Hände komme. Der große pariser Buchhändler Firmin Didot, einer der gelehrtesten und praktisch erfahrensten Bibliographen der Neuzeit, berechnet die Höhe der Herstellungskosten der beiden in der pariser Nationalbibliothek befindlichen lateinisch-französischen handschriftlichen Bibeln auf fast 82000, beziehungsweise 50000 Franken[1] heutiger Währung und schließt von dieser Berechnung sogar den Preis des Pergaments, den Lohn der gewöhnlichen Schreiber und die Kosten des Einbandes aus. Es gibt aber auch wenig Werke, welche, wie die teuerste der genannten Bibeln, 5122 in Gold und Farbe gemalte Bildchen enthalten. Didot schätzt jede dieser Illustrationen auf nur 16 Franken, ihren Gesamtwert also auf 81958 Franken.

Man darf aber von den erwähnten und sonstigen Prachtwerken nicht auf die Ausstattung und Preise der gewöhnlichen Handschriften schließen, da auch damals jene die Ausnahme und diese die Regel bildeten. Andererseits ist es aber unmöglich, eine sichere Berechnung der Preise der mittelalterlichen Handschriften anzustellen, geschweige denn nachzuweisen. Dazu fehlt es an den nötigen Angaben. Man findet überhaupt nur gelegentliche Aufzeichnungen, welche ein kaum annähernd richtiges Bild zu geben vermögen. Savigny und Kirchhoff führen zwar die Preise für einige hundert Handschriften vom 12. bis 15. Jahrhundert an, indessen lassen sich aus diesen Verzeichnissen keine allgemeinen Schlüsse ziehen, da die Art des Stoffes (Pergament, Papier u. s. w.) und der Schrift, der Ort der Herstellung und die Zeit der Anfertigung bedeutenden Einfluß auf den Preis der einzelnen Handschrift ausüben. Am klarsten lassen sich die verhältnismäßig teuern Preise aus den für den Elementarunterricht bestimmten Schriften nachweisen; sie sind in der That für den kleinen Mann fast unerschwinglich. So kostete nach der Schulordnung von Bautzen 1418 ein A-b-c-Buch und Paternoster 1 Groschen, ein Donat 10 Groschen und ein Doctrinale eine halbe Markt. Nun aber kaufte man


Fußnoten

  1. Le Livre, Revue du Monde Littéraire. Paris, Mai 1882. S. 168; ferner Wattenbach a. a. O. S. 383. 464. Didot, F., Typographie. S. 715, und Wetter, J. J., Kritische Geschichte der Buchdruckerkunst. Mainz 1836. S. 6–20.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/025&oldid=- (Version vom 1.8.2018)