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wenn nicht bessere Ausführung, dasselbe Format und einen geringern Preis in den Schatten zu stellen. Der Haupteinwand gegen gedruckte Bücher ging nämlich anfangs dahin, daß die geschriebenen schöner, reicher und glänzender seien. Wollte der Buchdruck Erfolg haben, so mußte er mit der Schönheit der Handschrift den Wettkampf aufnehmen. Es kam also darauf an, einerseits den vorurteilsvollen und vornehmen Bücherfreunden den Beweis für die Trefflichkeit und Ebenbürtigkeit der neuen Erfindung zu liefern, andererseits aber ärmern Käufern gegenüber die größere Wohlfeilheit und die Überlegenheit des Typendrucks darzuthun. Diesem Kampfe mit den Handschriften sind die vorzüglichen typographischen Leistungen der ersten Zeit zu verdanken, welche noch heute die Bewunderung des Kenners erwecken.

Der Schnitt der Buchstaben der sechsunddreißigzeiligen Bibel und des Psalteriums z. B. stimmt auch in Größe und Umfang mit den Meßbüchern jener Zeit überein. Die diesen eigentümlichen prächtigen Initialen in Gold und bunten Farben und die Karmin ausgeführte Liniirung der einzelnen Zeilen der Prachtexemplare wurden, um sie anziehender und verkäuflicher zu machen, den Handschriften entnommen, die Anfangsbuchstaben aber an der betreffenden Stelle durch kleinern Druck oder Schrift für den Illuminator angedeutet. Man trifft deshalb in sehr vielen Inkunabeln vielfach noch nicht ausgemalte Initialen. Wie die Schreiber nach Vollendung ihrer mühsamen Arbeit häufig in dem Kolophon (Schlußschrift) ihren Namen und einige Worte der Befriedigung oder des Dankes hinzufügten, so finden sich auch in den ersten Büchern derartige Schlußbemerkungen, die über den Drucker, den Ort und die Zeit nähere, meist sehr ruhmredige, wenn nicht, wie bei Schöffer, verlogene Auskunft geben. Das Format war meist groß Quart oder Folio, das Papier selbst aber, ähnlich wie die mittelalterliche Quaterne u. s. w., in eine Lage von drei, vier oder mehr ineinandergeschlagenen Bogen gefaltet. Wiewohl viele geschriebene Codices des Mittelalters bereits Custoden, Signaturen, Rubriken und Blattzahlen aufweisen, kannten die ersten Preßerzeugnisse weder die einen noch die andern: Custos (auch Reklame genannt, englisch Catch-word) nennt man das unten am Ende einer Blattseite stehende erste Wort der folgenden Blattseite. Er deutet die Ordnung an, in welcher die Blätter aufeinander folgen, und war fast unentbehrlich, solange man keine Signaturen

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Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 057. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_01.djvu/057&oldid=- (Version vom 1.8.2018)