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Jahre 1568 wurden ihm auf der dortigen Neujahrsmesse seine gesamten Vorräte wegen eines gegen Feyerabend schwebenden Preß- und Nachdruckprozesses (Chronicon Carionis) mit Beschlag belegt.[1]

Erst von dem Zeitpunkt ab, aus welchem obige Daten stammen, fängt man an, sichern Boden unter den Füßen zu gewinnen. Zwei bedeutsame Ereignisse sind es, die fast gleichzeitig eintreten, gleich bedeutsam und von folgenschwerem Einfluß auf den Gang der Entwickelung der Verhältnisse im deutschen Buchhandel: die Errichtung der kaiserlichen Bücherkommission in Frankfurt a. M. und die Entstehung des Meßkatalogs. Beide Ereignisse besiegeln gleichsam und beglaubigen zugleich den Sieg der Centralisierung des buchhändlerischen Verkehrs, die Erhebung der Messe – zunächst der frankfurter – zum Angelpunkt, um welchen sich dieser Verkehr fortan ausschließlich dreht, von welchem die Eigenartigkeit seiner Organisation in ihrer Weiterentwickelung bedingt wird. Die Geschichte der kaiserlichen Bücherkommission wird ihre ausführliche Schilderung in dem zehnten Kapitel finden; sie deckt sich förmlich mit der Geschichte des deutschen Buchhandels des 17. Jahrhunderts. Die äußere Geschichte des Meßkatalogs aber bildet noch eine notwendige Ergänzung der Schilderung des Meßverkehrs überhaupt.

Der frankfurter Meßkatalog[2], im Anfang nur uneigentlich so zu nennen, verdankt sein Entstehen einem geschäftlichen Bedürfnis des schon mehrfach genannten augsburger Großsortimenters Georg Willer, eines der bedeutendsten, vielleicht des bedeutendsten derjenigen Buchführer, welche für eigene Rechnung Lager von Büchern fremden Verlags hielten und auch außer den Messen an kleinere Geschäftsleute, wie an Private lieferten, natürlich auch, um ihren eigenen festen Kundenkreis versorgen zu können. Willer, ein regelmäßiger Besucher der frankfurter Messe, unterhielt eine Filiale in Tübingen und einen Faktor in Wien[3] und hatte so Gelegenheit, die litterarischen Bedürfnisse Süddeutschlands nach verschiedenen Richtungen hin kennen zu lernen und zu versorgen. Wie ausgebreitet seine Kundschaft war, geht unter anderm daraus hervor, daß der laibacher Buchbinder Leonhard Stegmann in der Mitte des 16. Jahrhunderts nach Augsburg ritt, um dort Einkäufe zu machen.[4] Durch Reisediener, wie der Kölner Arnold Birckmann, scheint Willer sein Geschäft nicht betrieben zu haben; dagegen schlug er einen andern Weg ein: er druckte und verbreitete Kataloge derjenigen Bücher, welche von ihm


Fußnoten

  1. Archiv II, 48. 51. 54.
  2. Über die Meßkataloge überhaupt vergl. Gust. Schwetschke, Codex nundinarius Germaniae literatae bisecularis. Halle 1850. Fol.
  3. Archiv VII, 84.
  4. Daselbst VI, 74.


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 479. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_08.djvu/032&oldid=- (Version vom 1.8.2018)