Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 092.jpg

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und der rächenden Gottheit. Am andern Morgen fand man weder Nonne noch Pilger, sondern nur Pfeil und Kreuz des letztern, die man noch heute im Brunenstein sehen kann. Das Kirchlein ist längst zerfallen, nur das geweihte Brünnlein davor quillt noch bis zu dieser Stunde.


700) Sage vom heiligen Brunnen auf dem Kapellenberg.
Bearbeitet von Julius Schanz; metrisch behandelt von Fr. Rödiger.

Das frische, wohlschmeckende Wasser des Brunnens auf dem Kapellenberg wollten einst, zur Zeit Augusts des Starken, die Bewohner von Maria Kulm, die wegen der hohen Lage des Orts sehr häufig Wassermangel empfinden, in bleiernen Röhren vier Stunden weit auf Maria Kulm leiten, da das Wasser bekanntlich nach physikalischen Gesetzen ebenso hoch steigt als es fällt. Zu diesem Vorhaben mag die gepriesene, hülfreiche Eigenschaft des Wassers wohl nicht wenig beigetragen haben, doch scheiterte das ganze Unternehmen an den Kosten.

Der heil. Apollonia in Alexandria wurden zur Zeit der Christenverfolgungen, im 3. Jahrhundert n. Chr., die Zähne mit glühenden Zangen ausgebrochen, ehe sie sich in den Scheiterhaufen stürzte. Ein frommer Bischoff, der den Brunnen ihrem Gedächtniß weihte, bat die Heilige, zur Erinnerung an ihre Leiden dem Wasser eine wunderthätige Heilkraft zu verleihen, damit es vor Zahnweh schütze, und siehe! die Heilige soll einst in der Nacht gekommen sein und einen Zahn von sich in den Brunnen versenkt haben, zu dem die Christen in der Umgegend dann in reichen Schaaren wallfahrteten. Wer sich den Mund mit seinem Wasser fülle, solle, so sagt man, nie im Leben Zahnweh spüren.


701) Sage von der weißen Frau bei der Tränke am westlichen Abhang des Kapellenberges.
Bearbeitet von Julius Schanz; metrisch behandelt von Fr. Rödiger.

In dem Kloster auf dem Kapellenberg soll einst eine Nonne

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_092.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)