Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 124.jpg

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Willen gebeten, sie solle ihr helfen. Es hat sich dabei Sabine Ruprechtin genannt und vorgegeben, sie wäre vor diesem von Martin Kathmannen (wie sie denn beide Namen mit Tinte und Kreide verschiedene Male nebst einer unleserlichen Jahreszahl aufgeschrieben) ermordet und in den Keller verscharrt worden, sie solle nur daselbst aufgraben und ihren Leichnam in einen Sarg legen, ihr auch einen Leichenstein mit einer Ueberschrift, darin ihres Mörders zu gedenken, von dem Gelde, so sie in einem Kästlein dabei nebst dem Schwert, womit der Mord geschehen, finden werde, setzen lassen, denn ihr Leib, der von bösen Geistern besessen sei, könne von diesen nicht eher befreit werden, als bis er in einen Sarg gelegt und mit einem Steine bedeckt werde. Wenn sie sich aber weigere, solle ihr und der ganzen Stadt großes Unheil begegnen. Es hat dieses Gespenst zwar mit der Keilpflugin verschiedene geistliche Lieder gesungen, nur nicht solche wie: „Gott der Vater wohn’ uns bei“ etc., „Nun lob’ meine Seele den Herrn“ etc. und den christlichen Glauben, auch das Vaterunser nicht mitgebetet, sondern dabei sich fortgemacht, ingleichen an den Tisch, worauf die heilige Bibel gelegen, da es doch sonst in andern Büchern und Scripturen herumgestört, sich nicht wagen wollen. Da nun die Keilpflugin begehrt, es solle das Kästchen bringen, hat es dasselbe auch gebracht, als es jene aber nicht aus der Hand des Gespenstes hat nehmen wollen, sondern verlangte, es solle dasselbe auf den Tisch stellen, hat es dasselbe wieder mitgenommen. Im Uebrigen, als ohngeachtet der geschehenen Verwahrung vor allen abergläubischen Mitteln, gleichwohl das Gesinde im Hoffmann’schen Hause ein paar alte Kehrbesen kreuzweise vor die Stubenthür gelegt, sei das Gespenst, als es bis an die Schwelle gekommen, auf dem Besen stehen geblieben. Wenn es aus der Stube wich, ließ es einen übeln Geruch wie von Knoblauch und altem Speck zurück, zeigte sich auch zuweilen bald mit einer Feuerkugel unter dem Arme und mit feurigen Ketten um den Leib, bald mit blutigem Munde, bald in Gestalt eines Kaninchens, bald in abscheulicher Gestalt mit großen

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_124.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)