Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 367.jpg

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Kühen zwischen deren Vorder- und Hinterfüßen zwei Wasserstunzen stehen, unter der dritten Kuh einen Steinkorb und unter der vierten ein Stück Bret liegen. Diese sämmtlichen Gegenstände waren aber, ohne daß es die daselbst handtierenden Mägde gemerkt hatten, theils aus dem Waschgewölbe, theils aus dem Hofe entführt worden. Nachmittags, als man im Ofen Feuer anmachte, wurden einige Stück Back- und Mauersteine, die im Ofen lagen, im Hause herumgeworfen; einer von diesen glühenden Backsteinen aber wurde mit Ungestüm durch die Fenster des vordern Unterhauses in den Hof geworfen, daß sich das Blei und die Windstangen bogen. Man mußte ihn mit Wasser löschen und ebenso das Feuer im Ofen ausmachen, aus Furcht, daß im Hause ein Brand entstehen möchte. Die eine Magd hatte im Waschgewölbe bei ihrer Verrichtung eine mit warmem Wasser angefüllte Schöpfgelte auf der Bank stehen, diese wurde ihr unter der Hand entführt, und als sie sich umsah, ward sie auf einmal im Vorderhause gegen die Fenster geworfen. Gleichzeitig ward auch der entführte Wetzstein an dem im Unterhause lehnenden Backtrog in zwei Stücke zerschmissen und als Abends die Wächter in die untere Wohnstube traten, warf es von oben herab einen großen Stein neben sie auf den Boden. Am 8. Septbr. Abends warf es noch einmal daselbst nach dem Wächter und von nun an ward nichts wieder gespürt.

Da nun der Pfarrer und die Hausgenossen und Wächter alle diese Vorkommnisse mit eigenen Augen gesehen haben, aller und jeder Winkel des Hauses genau auf Befehl der Obrigkeit untersucht ward, unzweifelhaft Niemand aus dem Gesinde bei dem Werfen betheiligt sein konnte, sonst auch einige Studenten aus Jena, die mit bloßem Degen in der Pfarre gewacht hatten, als sie den Geist verspotteten, selbst geworfen wurden, so kam man zu dem Resultat, daß weder Menschen noch Hexen oder Zauberer diesen Spuk angestiftet hätten, sondern ein wirklicher böser Kobold, der aber aufhörte, als seine Zeit um war.

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_367.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)