Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens II 388.jpg

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wimmle es noch jetzt in ihrer Wohnung von Mäusen und unlängst habe man des Nachts gesehen, daß ihr Hof voll Feuer wäre und der Drache sich daselbst niederließe. Da nun überdieß die im J. 1649 verbrannten obgedachten Personen sie damals als Mitschwester bezeichnet hatten, so zog man sie ein und legte sie an eine Kette, und als man bei einer Haussuchung bei ihr einen zweiköpfigen Thaler fand, war man überzeugt, daß sie solchen vom Teufel erhalten habe, man machte ihr den Prozeß und folterte sie auf Befehl des Jenaischen Schöppenstuhls. Sie hielt aber die Tortur, während welcher sich ein furchtbarer Sturm erhob, aus und bekannte nichts. Gleichwohl ward sie, nachdem sie in Folge der großen ihren angethanen Martern den 6. Decbr. gestorben war, durch den Scharfrichter abgeholt und unter dem Galgen eingescharrt.


81) Das Brod mit harten Thalern.
S. Börner, Volkssagen aus dem Orlagau. Altenb. 1838 S. 235 fg.

Einst gingen zwei Bauerweiber, die leeren Tragkörbe auf dem Rücken, von Steinsdorf, einem Dörfchen an der Saale in der Nähe der Stadt Leutenberg, in die nahegelegene Waldung und besprachen sich freundlich mit einander über ihre häuslichen Geschäfte. Beide wollten am nächsten Morgen für ihr Gesinde und Angehörigen Brod backen. Da wurde mit einem Male ein Waldweibchen ihnen zur Seite sichtbar, bat und sprach:

Backt doch ein Brod
Auch mir in meiner Noth,
Groß oder klein,
Am Besten wie ein halber Mühlstein.

„Ach, liebe Frau! wir haben selbst Mäuler genug zu füttern!“ lautete die Antwort der Bäuerinnen, „der Ofen langt kaum zu, um Brod genug für uns zu backen“. „Darum wißt Ihr auch, wie Mangel thut und Armuth drückt“, erwiderte die kleine Bettlerin, „erbarmt Euch doch, backt mir ein Brod und legt es morgen hierher auf diesen dreifach bekreuzten Stock“.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_388.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)