Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 044.jpg

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über den Strom als Stab bedient haben soll, wurde noch bis vor Kurzem in der Domkirche zu Meißen als einzige Reliquie des Heiligen gezeigt.

δ) Eines Tags kam der h. Benno während der Erntezeit auf’s Feld und fand, wie die Schnitter vor großer Hitze und Arbeit matt und erschöpft waren; er machte also stillschweigend ihnen ihr mitgebrachtes Wasser zu Wein und ging davon, sein Begleiter aber, der das gesehen, nahm ein hölzernes Gefäß mit Wasser und sagte zu den Schnittern: gebt Acht, ich will Euch wie mein Herr das Wasser zu Wein machen, schlug das Kreuz darüber, wie er es von diesem gesehen hatte, und von Stund an war das Wasser zu Wein geworden, und die erstaunten Schnitter labten sich damit. (Emser c. 23.)

ε) Eines Tages ging er auf’s Feld hinaus, und als er andächtig an einem Teiche hin- und hergehend die Weisheit Gottes in der Kreatur überdachte, störten ihn die Frösche mit ihrem Geschrei in seinem Gebete. Er gebot ihnen also, still zu schweigen, und sie verstummten. Da fiel ihm der Spruch ein: es loben und benedeyen Gott alle Thiere und Bestien und Alles, das im Wasser bewegt wird. Er dachte also, vielleicht möchte ihr Gesang Gott lieber, als sein schwaches Gebet sein, er gebot ihnen also, wiederum zu singen und zu schreien, so viel als sie vorher gethan hätten. (Emser c. 23.) Daß aber noch jetzt im heiligen Grunde wohl Frösche wohnen, dieselben aber nie einen Ton von sich geben, soll daher kommen, daß Luther ihnen wieder ihr Geschrei verboten hat.

ζ) Da es die Gewohnheit des heiligen Mannes war, um nicht durch den ungeheuren Zulauf der Leute und ihre Verehrung in Hoffart zu verfallen, sich zuweilen in die Einsamkeit zu begeben, so zog er einst auch mit einem Caplan in das Dorf Naumburg, zwischen Grimma und Mügeln gelegen, und erbaute daselbst in der Kirche eine Zelle, worin er mit seinem Diener in tiefer Beschaulichkeit lange Zeit lebte. Des Nachts ging er vor das Dorf hinaus spazieren und

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_044.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)