Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 061.jpg

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Räuber aufgehalten und eine Menge Frevel verübt, auch im Jahre 1590 den von Meißen zurückkehrenden Pfarrer aus Zehren, Matthias Hauptmann, ermordet. Die Geister der Ermordeten sollen hier umgehen, es läßt sich aber auch einer an der Nickelsbrücke sehen, angeblich der dorthin gebannte Geist eines vor vielen Jahren verstorbenen Meißner Arztes, der vorher seine Kinder täglich genöthigt hatte, sein Grab zu besuchen, und dem alltäglich von Meißen ein Barbier, der mit ihm daselbst viel Umgang geflogen hatte, Nachricht bringen mußte, wie es dort zugehe. Im Keilbusche soll jetzt noch ein gespenstiges Kalb umgehen, wie im Heiligen Grunde, Meißen gegenüber, ein Hund.


55) Karraß in der Nasse.
Poetisch beh. b. Hofmann, S. 476. sq.

In der Nähe der Dörfer Oberau und Niederau bei Meißen befindet sich eine 1½ Stunde lange und 1 Stunde breite, meist aus nassen und morastigen Wiesen bestehende Fläche, welche die Nassau oder Nasse genannt wird. Einige Fluren derselben gehören zum Rittergute Proschwitz, und eine Art Vorwerk, die sogenannte Milchinsel, ist das einzige auf dieser öden Stelle gelegene bewohnte Gebäude. In der Nähe desselben erblickt man eine schanzenartige, mit Gräben umzogene kleine Anhöhe, das alte oder verwünschte Schloß genannt, welches wahrscheinlich von einem Ritter aus dem Geschlechte derer von Nassau angelegt worden ist und der ganzen Gegend den Namen gab. Einst hauste hier ein Raubritter (wahrscheinlich aber nicht Fritzold von Nassau, der 1335 auch das nahe gelegene Gröbern besaß und als ein Wütherich geschildert wird, sondern ein Karraß, dem dieses Schloß ebenso wie die zu Gröbern und Coswig gehört haben soll), der wie ein zweiter wilder Jäger, gleichviel ob es Feier- oder Werktag war, mit seinen Genossen die Umgegend der Jagd wegen durchstreifte und weder Saaten noch Pflanzungen seiner Unterthanen schonte, den Waisen ihr bischen ererbtes

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_061.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)