Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 081.jpg

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Galgen gehängt worden: seine Mutter, welche über sein Außenbleiben unruhig geworden, habe ihn in der Stadt aufsuchen wollen, und sei bei dem Galgen vorbeigegangen, wo sie ihn noch lebendig angetroffen und von ihm selbst sein Schicksal erfahren habe. Darauf ist sie geschwind in die Stadt zum Bürgermeister geeilt, welcher eben mit einem Collegen einen gebratenen Hahn verzehren wollte, und hat ihm die wunderbare Begebenheit erzählt. Der hat sich schwer darüber entsetzt und ausgerufen: so wahr wie dieser gebratene Hahn nicht wieder lebendig werden und Federn bekommen kann, ebenso wenig kann Euer vor drei Tagen gehängter Sohn noch leben. Da, o Wunder! soll der Hahn Federn bekommen, gekräht und in der Stube herumgeflattert sein, sich aber auch wieder entfedert und gebraten selbst in die Schüssel gelegt haben. Alles ist von Schrecken ergriffen hinaus zum Hochgericht geströmt, um sich von der Wahrheit der Sache zu überzeugen, man hat den Gehängten, dessen Unschuld Gott so wunderbar an den Tag gebracht, vom Galgen herabgenommen und, weil dieser auf Befragen gesagt, daß ihm der h. Jacob erschienen sei und ihn am Leben erhalten habe, ist demselben zu Ehren diese Kapelle erbaut und die Stadt Großenhahn genannt worden.


83) Dietz Grünrad, der tapfere Tuchmacher zu Großenhayn.
Poet. beh. b. Ziehnert Bd. III. S. 258. cf. Chladenius II. S. 53.

Im Jahre 1292 ist der Markgraf Hans von Brandenburg mit großer Kriegsmacht ins Meißner Land gefallen und hat auch Großenhayn berannt, welches damals Markgraf Dietzmann gehörte. Da er aber auf gewöhnlichem Wege nichts ausrichten konnte, hat er eine Schaar von dreißig Freiwilligen ausgewählt, die des Nachts auf Strickleitern die Mauern erklettert haben: denen ist der Stadtwachtmeister Caspar von Maltitz mit der Wache entgegengekommen, und so sind sie alle getödtet worden. Sobald es aber Tag geworden,

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_081.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)