Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 082.jpg

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da ist ein Ausfall von Reisigen und Bürgern aus der Stadt gemacht worden, bei welchem sich besonders die Tuchmachergilde auszeichnete, indem ihr Altgesell Dietz Grünrad das feindliche Hauptpanier eroberte. Diese Fahne hat ihr später Markgraf Friedrich geschenkt und ihr die Erlaubniß ertheilt, jährlich zweimal, einmal in Mänteln und mit Musik, das andere Mal mit Fahnen, Ober- und Untergewehr einen Aufzug durch die Stadt zu machen. Statt jener Fahne, die in der großen Feuersbrunst von 1744 verloren ging, hat die Innung nachmals eine andere mit dem sächsischen Wappen erhalten, welcher noch jetzt bei feierlichen Aufzügen militärische Ehre zu Theil wird.


84) Ein Doppelgänger läßt sich sehen.
J. Chr. Sieckel, Nachrichten von Poltergeistern und gespenstigen Erscheinungen. Quedlinb. 1761. N. A. 8. Thl. II. S. 74 sq.

In einem in der Nähe von Meißen gelegenen Städtchen wohnete vor einiger Zeit ein Rechnungsführer, Namens Conradi. Ob nun gleich dieser Mann eines Tages in Geschäften für mehrere Tage nach Dresden verreist war, ist doch die Magd in seine Stube gegangen, um daselbst aufzuräumen, damit er bei seiner Rückkehr Alles in Ordnung fände. Nach geöffneter Stubenthür sieht sie ihren Herrn am Tische im Schlafrocke sitzen und schreiben, erschrickt aber bei solchem unverhofften Anblicke furchtbar und tritt sprachlos zurück, macht auch die Thüre ganz leise zu und läuft die Treppe hinunter, um ihrer Frau die ihr zugestoßene Neuigkeit zu hinterbringen. Sie sagt also: ich habe gedacht, unser Herr wäre verreist, und kam hinauf in die Stube und wollte solche auskehren, da saß er in seinem Schlafrocke und schrieb. Die Hausfrau wunderte sich hierüber und sprach: Du bist nicht klug, Du weißt ja, daß mein Mann verreist und noch nicht wieder nach Hause gekommen ist! Die Magd aber schwur dazu und sagte: ich werde ja wohl meinen Herrn kennen, er ist ganz gewiß oben und schreibt! Bittet noch die Hausfrau,

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_082.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)