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das Thor auf und läuft nach dem Seethor um Hülfe rufend. Man läßt ihn ein und nachdem er erzählt, was ihm widerfahren, so geht ein Theil der Thorwächter mit ihm nach dem Mordhause, findet den Besitzer verwundet, aber auch seine eben von der Wanderschaft zurückgekehrten drei Söhne. Nachdem man alle in Ketten gelegt, gestehen diese, daß schon als sie noch zu Hause gewesen, es in ihres Vaters Hause und Garten gespukt habe. Man untersucht das Gartenhäuschen, und findet in den Dielen eine Fallthüre eingeschnitten, und als man sie öffnet, unter derselben in einem Loche mehrere Leichen. Nun half kein Leugnen, der graue Sünder gestand, er habe die oft des Nachts bei ihm Einkehrenden, wenn er Geld bei ihnen vermuthet, erschlagen und an jener Stelle die Körper derselben so lange versteckt, bis er sie im Garten vergraben konnte, und dasselbe habe er auch an jenem Abend mit dem Fleischer beabsichtigt. Man machte nicht viel Umstände mit ihm, er ward gehängt und sein Körper aufs Rad gelegt, seine unschuldigen Söhne aber aus der Stadt verwiesen und das Haus, welches später zur Stadt gezogen ward, behielt von dem Mörder spottweise den Namen „grauer Sünder“.


138) Die bärtige Jungfer zu Dresden.

Curiosa Sax. 1733. S. 4. sq. Klemm, der Sammler Bd. II. S. 87 sq. Ihr Bild in einer Handzeichnung im Königl. Kupferstichcabinet zu Dresden. Abgebildet ist sie auf dem Titel des: Sendschreiben von Bärten und bärtigen Frauenzimmern, s. l. et. a. 4.

Am 22. März des Jahres 1732 ist im Lazareth zu Dresden eine Jungfer von 64 Jahren, Namens Rosina Margarethe Müller, deren Vater ein churfürstlicher Silberdiener gewesen war, gestorben, der während ihrer zwölf Wochen anhaltenden Krankheit im Gesichte ein großer über 2 Zoll langer Bart gewachsen war, der unten um das Kinn an beiden Seiten etwas weiß, oben aber um die Lippen schwarz war.

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_123.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)