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aber sehr oft ihre Macht und plünderten und raubten nach Herzenslust. So hatte einst ein solcher Hauptmann, Namens Gecko, bei einem seiner Streifzüge die Gemahlin des Burggrafen Otto von Dohna nebst ihrer Tochter in seine Gewalt bekommen und hielt sie in schmählicher Gefangenschaft, bis der Burggraf die Veste berannte. Jener gab zwar jetzt gutwillig seinen Raub heraus, allein die beiden Frauen hatten so viel gelitten, daß die Mutter beim Wiedersehen ihres Gatten plötzlich verstarb. Später hat er aber seinen Lohn erhalten, denn als er auf Burg Löwenstein wiederum die Schloßhauptmannsstelle bekleidete, hat einst sein kleines Söhnchen am Rande des Schloßgrabens gespielt, und ist, indem es nach einer Blume langen wollte, hinabgestürzt. Der Gecko ist, dies gewahrend, eilig zur Hilfe herbeigeeilt, allein ebenfalls ausgeglitten und hinabgestürzt, dabei aber an einem Pfahle hängen geblieben und hat sich denselben in die Hüfte zwischen Wamms und Brustschild durch den Leib gebohrt, woran er elendiglich gestorben, der Knabe aber ist unversehrt herausgekommen.


240) Der Katharinenstein bei Lauenstein.
Ziehnert Bd. III. S. 163. sq. Poetisch beh. v. Segnitz. Bd. II. S. 123. sq.

Um das Jahr 1651 ward Agnes Katharina von Bünau, geborne von Ponikau, Besitzerin von Lauenstein, nachdem ihr Gemahl auf einer Reise nach Mainz gestorben war. Da sie aber bei seinem Tode in anderen Umständen war, so genaß sie drei Monate nachher von einem Knäblein, welches sie um so mehr liebte, als es gewissermaßen das letzte Liebespfand ihres geliebten Verstorbenen war. Einst lustwandelte sie mit der Wärterin des Kindes, welches jetzt über zwei Jahre alt war, auf einem Hügel in der Nähe des Schlosses, der jetzt der Pavillon genannt wird, und weil dasselbe sanft eingeschlafen war, so befahl sie jener, dasselbe auf den Rasen zu legen, indem sie mit ihr Blumen zu einem Kranze sammeln wollte, um damit das aufgewachte Knäblein zu schmücken.

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_215.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)