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24. Januar 1592 in der Pfarrwohnung zu St. Thomas an einem Braten wender. Seit dieser Zeit soll nun jedesmal, wenn der dasige Pfarrer sterben soll, zuvor eine weiße Frau sich in dem Hause sehen lassen; namentlich hat man dies in den Jahren 1736–50 bemerken wollen, wo mehrere Geistliche hinter einander starben.


408) Die Sage vom Johannishospital zu Leipzig.
Nachtr. z. Gesch. Leipzigs. Lpzg. 1836. S. 12 sq. K. Große, Geschichte der Stadt Leipzig. Lpzg. 1839. Bd. I. S. 152 sq.

Seit dem Jahre 1428 bestand zu Leipzig in der Nähe der jetzigen Johanniskirche ein sogenanntes Leprosen-Hospital (für Aussätzige), welches gegen Ende des 15. Jahrhunderts in ein allgemeines Hospital für schwache und betagte Leute verwandelt ward, welche Bestimmung es noch jetzt hat. Die Sage hat jedoch hierüber anders zu berichten und zwar Folgendes:

Im Jahre 1441 klopfte kurz nach dem Neubau des Hospitals zu St. Georg eines Nachts eine junge Pilgerin an die Pforte desselben und bat um Aufnahme. Sie war wunderbar schön, verklärt in Unschuld und Liebe, kam aus dem gelobten Lande und führte den Namen der hochgelobten und benedeieten Jungfrau Maria. Als nun am andern Morgen das Glöcklein auf St. Johannes die unglücklichen Leprosen zur Andacht versammelte, erhob sich Maria rasch, um am St. Laurentius-Altare daselbst zu beten. Sie wiederholte dann täglich ihr Gebet und entflammte durch ihre stumme Andacht die Herzen der Gläubigen mehr als durch laute Worte. Da kam endlich der Tag Johannis des Täufers und das Glöcklein rief wieder so brünstig und silberhell zum Gebete. Maria wendete sich zu allen Kranken und Siechen in St. Georgen und sprach in heiliger Begeisterung: „im Namen Gottes sage ich Euch, wer heute mir folgt, der wird gesunden.“ Und die Kräfte der Kranken stählten sich im Vertrauen zu der wunderbaren Pilgerin und sie gingen mit ihr zum Altare

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_354.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)