Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 393.jpg

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der dritte Proceß auf vorige Weise vorgenommen, wo sich denn der Schatz völlig äußerte. Er sah einen großen Schwenkkessel voll Gold, es schien ihm, als wenn auch anderwärts im Keller gegen die Ecke zu ein viereckiges Kästchen aus der Erde hervorgethan wurde, auf welchem etwas wie eine Karbatsche gestaltet lag. Diese Peitsche schien sich zu bewegen. Darauf sah er auf der Lade einen halben Bogen Papier mit schwarzen Strichen eingefaßt und inwendig roth beschrieben. Anbei fand er auch eine geschnittene Truthahnfeder. Das graue Männlein aber, welches ihm erschienen, hatte ein langes Buch oder Register unter den Armen. Zu gleicher Zeit fiel ein Tropfen Wasser von dem Gewölbe auf seine Hand, davon ihm dieselbe erkaltete und ein großer Blutstropfen auf derselben sich zeigte. Als er nun diese Feder ergriffen und den Tropfen Blutes darin gefaßt hatte, und nunmehro seinen Namen auf das Papier schreiben wollte, hörte er Jemand mit starken Schritten die Kellertreppe hinabgehen. Er erschrickt darüber nicht wenig und läßt bei Formirung des andern Buchstabens die Feder fallen, löscht das mittlere Licht aus, die zwei andern Lichter aber warf er in Eile in das im Keller gestandene Wasserfaß, löste geschwind die Zauberzirkel auf und ging hinter sich an der Mauer weg zum Keller hinaus, traf aber, wie er da vermuthete, keinen Menschen an. Indeß war aber der andere Proceß auch zu Ende. Merkwürdig aber war es dabei, daß über dem Auslöschen des mittlern Lichtes ein solcher mächtiger Rauchdampf in dem Keller entstand, als wenn ein Böttcher ein großes Faß zu pichen hätte. Zwei folgende Freitage wurde dieser Junge an ferneren Unternehmungen verhindert, einmal nämlich durch einen großen Schauer, welcher ihn auf der Kellertreppe plötzlich überfiel, das andere Mal aber durch den eingefallenen Bußtag, da ihn sein Meister mit sich in die Kirche genommen. Nach diesen Geschichten verfiel der Bösewicht in gottlose und abscheuliche Reden, verleugnete die christlichen Glaubensartikel und kam darüber in die Inquisition des Meisters, seines Vaters und Beichtvaters, der gewiß viele Mühe mit

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 393. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_393.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)