Seite:Graesse Sagenschatz Sachsens I 468.jpg

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derselbe fertig und die Mülleresel – denn für diese war er bestimmt – eingezogen, so mußten die armen Thiere auch wieder heraus, denn der Teufel hatte hier seinen Sitz aufgeschlagen und litt sie nicht darin. Zwar versuchte ihr Herr sie anfangs mit Gewalt wieder hineinzubringen, allein wollte er sie nicht von dem Bösen zerrissen sehen, so mußte er wohl oder übel dem Letzteren den Stall allein überlassen, und derselbe trieb nun darin jede Nacht sein Wesen mit Poltern und Rumoren, daß dieser Teufelslärm oft sogar das Geklapper der Mühlräder übertönte. So verging manches Jahr, da pochte es einst im tiefen Winter, als schon Alles im Schlafe lag, an das verschlossene Thor, und als der schlaftrunkene und übelgelaunte Müller fragte, wer denn so spät noch Einkehr begehre, da erfuhr er, daß es zwei Bärenführer seien, die mit ihren Bären von Cunnersdorf herübergekommen wären und ein Obdach suchten. Nun war er im Ganzen ein gastfreier Mann und gewährte ihnen also ihre Bitte, allein für ihre Thiere behauptete er keinen andern Aufenthaltsort zu haben, als den Stall, wo der Teufel seinen Sitz aufgeschlagen. Das kümmerte aber die Bärenführer nur wenig, sie meinten, er solle denselben nur öffnen, ihre Bären würden sich den Bösen schon vom Halse zu halten wissen. Der Müller that, wie sie ihm hießen, und glaubte nun, nachdem er ihnen die Sache gesagt habe, keine Schuld zu haben, wenn die Bärenführer am andern Morgen ihr Vieh todt fänden. Er ging also zu Bette und wartete der Dinge, die da kommen sollten. Als nun die Mitternachtsstunde schlug, da erhob sich auch in dem Stalle ein gräulicher Lärm, wie er noch niemals gehört hatte, es war ein Stoßen und Balgen, ein Brummen, Brüllen und Kreischen, daß ihm das Herz im Leibe zitterte. Indeß waren aber auch die Bärenführer von dem Mordspectakel aufgeweckt und man beschloß nachzusehen, ob denn die Thiere noch am Leben seien. Allein wie staunten sie, als sie, nachdem die Thüre geöffnet war, die Bären ganz ruhig an ihren Tatzen saugen, den Teufel aber in aller Eile verschwinden sahen. Darob freute sich der

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_I_468.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)