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Als Thorodd Drapastuf das hörte, brach er den bereits unternommenen Kriegszug wieder ab.

Indessen der drohende Winter mahnte den Gretter, sein umherschweifendes Leben nun aufzugeben, und ein festes, schützendes Dach zu suchen.

Ganz im Westen der genannten Halbinsel, dicht am Breydafjord, lag ein Hof Namens Reykholar[1]. Sein Besitzer war Thorgils, und dieser dem Gretter durch seinen Vetter Thorstein Kuggasohn bekannt. Hier klopfte er an, und bat um Winterquartier.

„Essen kannst du bei mir bekommen, wie jeder freigeborene Mann,“ sagte Thorgils, „aber es ist nicht von der besten Sorte!“ –

„Ich bin zufrieden, was es auch giebt,“ erwiderte Gretter.

„Indessen, noch einen Haken hat die Sache hier,“ fuhr Thorgils fort.

„Ich habe schon zweien anderen Geächteten Winterquartier versprochen. Es sind die Blutbrüder Thorgeir[2] und Thormod[3][4], zwei Hitzköpfe wie du, und es fragt sich, ob ihr drei mit einander werdet Frieden halten? – Aber Streit, oder gar Mord und Totschlag, das dulde ich in meinem Hause nicht.“

„An mir soll es in keiner Art liegen,“ versicherte Gretter. „Ich werde Frieden halten, um so mehr, als ich jetzt den Willen des Hausherrn kenne!“ –

Gretter blieb, und bald darauf trafen auch die Blutbrüder ein.

Blutbrüder waren Freunde, die aus geritzten Wunden ihr Blut hatten zusammenfließen lassen, und sich daraufhin Umarmung und Bruderkuß gaben. Sie hielten sich dann für ihr ganzes Leben unauflöslich verbunden.

Auch diesen Blutbrüdern gab Thorgeir dieselbe Ermahnung zum Frieden; und auch sie versprachen ihr Bestes.

In der That, obwohl beide Parteien zu einem Freundschaftsverhältnis nicht kamen, so fiel doch von keiner Seite ein beleidigendes Wort, aus Respekt vor dem Hausherrn.

Thorgils besaß die Olafs Inseln[5], welche, ungefähr 1 1/2 Meilen von Reykholar entfernt, im Breydafjord lagen.

Reich mit Gras bestanden, dienten sie ihm als Fettweide für sein Vieh. Dort hatte Thorgils noch einen fetten Ochsen grasen. Der sollte nun geholt und zum Weihnachtsfest geschlachtet werden.

Die Blutbrüder übernahmen es, den Ochsen zu bringen, und Gretter bot sich ihnen als Helfer an.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. isl. Reykhólar
  2. isl. Þorgeir Hávarsson
  3. isl. Þormóður „Kolbrúnarskáld“ Bersason
  4. vgl. die Fóstbrœðra saga (Schwurbrüdersaga)
  5. isl. Ólafseyjar


Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/140&oldid=- (Version vom 1.8.2018)