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Gard und Thorodd Drapastuf sind voller Haß wieder dich, und ihr Anhang wächst. Es ist wenig Hoffnung, daß der Althing, auf dem sie das große Wort jetzt führen, seine ungerechte Verurteilung wider dich zurücknehmen wird!“ –

„Mutter, ungerecht ist sie! – Ich habe Thorers Söhne in jener Nacht in Norwegen nicht zum Feuertode gebracht. Glaub’ es mir, ich bin unschuldig!“ –

„Ich glaube deinem Wort, mein Sohn! – Aber das weißt du doch, der Gerechte muß in dieser ungerechten Welt viel leiden! Könnt ich dich nur hier behalten unter meinem eigenen, schützenden Dach!“ –

„Nein Mutter, das kannst du nicht! – Thorer griff mich einst mit 80 Mann auf der Arnarvatnsheide an, als er vom Althing zurückkam. Und er kann vielmehr Leute aufbringen, wenn er will. Überfällt er unsern Hof, so brennt er alles nieder. Und er hat ein Recht dazu, wenn ich unter deinem Dache bin!“ –

„Wüßt ich doch nur einen gesicherten Unterschlupf für dich, wo du bessere Zeiten abwarten könntest,“ sagte Asdis. „Denn, wenn du zwanzig Jahre lang deine Friedlosigkeit getragen hast, spricht, so hoffe ich, der Althing dich frei!“ –

„Solchen sicheren Ort hat mir Gudmund, der Reiche, auf Moedruveller genannt. Es ist die Drang-ey im Skagafjord, eine Felseninsel, grasreich, aber unbewohnt, auf steilen Felsenwänden ruhend, und nur durch Leitern ersteigbar. Dort könnte ich mich halten! – Aber, wenn ich an die dunklen Nächte denke, die ich dort so ganz allein verleben soll, dann schaudre ich doch davor zurück. Meine Dunkelscheu ist noch gewachsen, und macht das Alleinsein mir zur allergrößten Pein! – Lieber will ich sterben!!“ – –

„So suche dir einen zuverlässigen Knecht! An Mitteln, ihn zu zahlen, soll es dir nicht fehlen,“ sagte die Mutter.

„Wer ist zuverlässig? – Niemand! Ich habe die übelsten Erfahrungen auf der Arnarvatnsheide gemacht. Zwei Knechte hatte ich dort hintereinander, und beide wollten mich töten. Sie waren von Thorer bestochen.“

Da trat sein Bruder Illuge an den Tisch und sagte: „Nimm mich mit nach der Drang-ey, Bruder! Zwar kann ich dir wenig nützen! – Mein Arm ist noch schwach, aber mein Herz ist treu, und ich werde dich nicht verlassen, so lange du lebst!“ –

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/218&oldid=- (Version vom 1.8.2018)