Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 105.jpg

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auch ihre Schwester holt sich Kohlen, aber aus diesen entsteht nachts eine große Feuersbrunst) und nr. 102 (ähnlich; die Kohlen der zweiten Tochter werden zu Gewürm; beide Schwestern bedienen Hund und Katze bei der Mutter Gottes). In der von Kolberg, Lud 7, 30 in derselben Gegend aufgezeichneten Fassung gerät die Stieftochter, die morgens Feuer holen soll, in eine Waldhütte, wo zwölf Jäger sitzen; diese versprechen ihr Feuer, wenn sie ihre Namen nennen könne; sie sagt zufällig die Namen der zwölf Monate her; die Kohlen werden zu Talern; die andre Tochter geht am nächsten Morgen hin, gerät in Verwirrung und erhält Asche in ihre Schürze. Ähnlich aus Galizien im Zbiór 16, 2, 37 nr. 24; die Kohlen des guten Mädchens wandeln sich in einen Bauernhof und Vieh. In einer andern galizischen Fassung (Mater. i prace kom. język. 1, 41) soll die Stieftochter im Januar Erdbeeren, am folgenden Tage Äpfel holen; am dritten geht die andre Tochter aus, aber weil sie von den zwölf Herren im Walde den fünften (Mai) für den schönsten und den grauen Januar für den ältesten erklärt, erfriert sie. Aus der Umgegend von Częstochowa im Zbiór wiadom. 17, 123 nr. 3 (Kohlen werden zu Gold). Eine neunte Erzählung aus dem Gouv. Kalisch (Wisła 14, 465) gleicht der Kosińskis (das Mädchen trifft die vier Jahreszeiten und erhält vom Sommer Erdbeeren), eine aus Posen (Kolberg, Lud 14, 164 nr. 35) ähnelt der nr. 101 Ciszewskis (Veilchen und Äpfel holen, zwölf Monate, witzige Beinamen). Ähnlich aus Galizien (bei Rzeszow) Mater. antropol. 10, 266 nr. 38 (das Mädchen pflegt einen Totenkopf). Zwölftens aus dem Gouv. Radom bei Kolberg, Lud 21, 189 nr. 9; hier erhalten beide Schwestern Kohlen nicht von den Monaten, sondern von Sonne, Mond, Sternen, Wind, Frost und Regen, und die böse verbrennt auf dem Heimwege, weil der Wind ihre Glut anfacht.[1] Bei Kolberg 14, 162 nr. 34 (aus Posen) beschenkt der Frost die Frau, welche ihm sagte, auch ihn habe Jesus gegeben; bei der reichen Frau verwandeln sich die Kohlen in Schlangen.


  1. So fragen auch in einem polnischen Märchen aus dem Gouv. Kielce (Kolberg, Lud 19, 219) Frost, Sonne und Wind ein Mädchen, wer von ihnen der schönste sei. Sie antwortet: ‘Der Wind’ und hat Recht; denn Frost ohne Wind ist leicht zu ertragen, und die Sonne brennt nicht, wenn Wind weht. Ähnlich großrussisch Afanasjev 1, 67; Sacharov 1, 104; kleinrussisch Etnogr. Zbirnyk 14, 231 nr. 37; Čubinskij 1, 30; weißrussisch Afanasjev 1, 67 nr. 48; Federowski 1, 157 nr. 462. Vgl. Bolte, Zs. f. Volkskunde 8, 85 nr. 4 und Haltrich, Zur Volkskunde 1885 S. 116.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_105.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)