Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I/Die drei Männlein im Walde

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Rapunzel Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I von Johannes Bolte, Jiří Polívka
13. Die drei Männlein im Walde
Die drei Spinnerinnen
Für verschiedene Auflagen des Märchens der Brüder Grimm siehe Die drei Männlein im Walde.

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13. Die drei Männlein im Walde. 1856 S. 22.

1812 nr. 13: von Dortchen Wild in Kassel;[1] 1819 umgearbeitet mit Benutzung einer zweiten hessischen Erzählung aus Zwehrn. In dieser fehlt der Eingang mit der Probe an dem Stiefel; daraus ist der Name der Haulemännerchen (d. h. Höhlen-Waldmännlein), womit man in Niederhessen die Kleinen bezeichnet, die in den Waldhöhlen wohnen und den Leuten die Kinder wegstehlen, solang diese noch nicht getauft sind.[2] Die Verwünschung der bösen Tochter, daß ihr bei jedem Wort eine Kröte aus dem [100] Mund springen solle, ist aus einer dritten Erzählung aufgenommen, welche die Brüder Grimm von Amelie Hassenpflug in Kassel gehört; der guten Tochter wird geschenkt, daß ihr Blumen auf dem Kopf wachsen und Perlen um den Hals.[3]

Über die Teile des Märchens vgl. oben S. 86 zu nr. 11. Aus dem Harze bei Pröhle, M. f. d. Jugend nr. 5 ‘Die Goldtochter und die Hörnertochter’ (Motive A B D² F²) und Ey S. 215 ‘Die Stiefgeschwister’ (B D²˙⁴ G. Die Entdeckung erfolgt durch einen Zauberer); aus Luxemburg bei Gredt nr. 911 ‘Von der schönen Königin und ihrem Sohne Hanspeterchen’ (B D²˙³ F². Gespräch des Vogels mit einem Bettler, Entzauberung erst nach Enthauptung der Stiefmutter). Ostpreußisch bei Lemke 2, 157 nr. 32a–b ‘Die Stiefschwestern’ (B D³ F² und A B D³ F¹˙³). In einer brandenburgischen Erzählung bei Engelien-Lahn S. 140 nr. 12 ‘De bös Steefmutta’, die dann in das Hänsel und Gretel-Märchen überlenkt, in einer westfälischen bei Kuhn 2, 243 nr. 14 ‘Drei Erdmännchen wünschen’ und in einer österreichischen bei Ziska S. 47 ‘Lohn und Strafe’ wird nur das Motiv B, die Begabung der guten und der bösen Schwester (bei Ziska des unfreundlichen Bruders), geschildert. Erdbeeren oder Heidelbeeren im Schnee soll das gute Mädchen auch bei Pröhle, Ey und Engelien suchen, ebenso bei Franzisci, Märchen aus Kärnten 2, 17. In dem siebenbürgischen Märchen bei Haltrich⁴ nr. 40 ‘Die Geschenke der Schönen’ (A B D¹) schickt die Stiefmutter das Mädchen zu den ‘Schönen’, Wasserjungfern, die sonst jeden vorwitzig Nahenden in den See hineinziehen, und sticht ihr später auf der Fahrt zur Hochzeit die Augen aus; auf den Rat dreier Schwäne wäscht sie sich mit Morgentau, wandert als Bettlerin zum Schloß und wird erkannt; Strafe des Nägelfasses. Das holsteinische Märchen bei Wisser 1, 65 ‘De Köni un de Ent’ verbindet die Schuhprobe Aschenputtels mit den Motiven D²˙³ F² G.

[101] Dänisch bei Grundtvig, Minder 3, 112 nr. 81 ‘Den lille And’ (B C² D¹ E F² G. Die Gaben von drei Vögeln verliehen, Brautfahrt zu Schiff, Gespräch zwischen der Ente und dem Hündchen Talililla). Grundtvigs hsl. Register nr. 35 ‘Den lille And’. Winther S. 102 ‘Swanhvide’. Berntsen 1, 152 nr. 17 ‘Den lille hvide And’ (B D¹ E F² G) und 2, 178 nr. 25 ‘Den onde Stifmoder’ (D³˙⁴ F² G; zur Einleitung vgl. nr. 130). Kristensen, Aev. fra Jylland 1, 111 nr. 15 ‘Jomfru Klarøje’ (B C² D¹ E F² G) und 1, 118 nr. 16 ‘Den lille Vildand’ (B C² D¹ E F² G). Kristensen, Danske folkeæv. nr. 12 ‘Vildanden i kongens kjøkken’ und nr. 56 ‘Dronning som and’. Kristensen, Fra Bindestue 1, 41 ‘Den hvide And’ (B C² D¹˙³ E F²). Skattegraveren 3, 196 ‘Den lille And’ (B C D²˙⁴ F² G. Der in einen Wolf verwandelte Bruder fällt die Stiefmutter an und wird durch ihr Blut entzaubert). – Schwedisch ‘De tre små Männerna i skogen, eller den elaka Styfmodern’, Stockholm 1824 u. ö. (Übersetzung nach Grimm. Bäckström 3, 37) und ‘Sewe eller den talande Hunden’, Stockholm 1828 (C² D¹˙⁴ E F² G. Die Geschwister heißen Mamertus und Albertina. Bäckström 3, 38). Hyltén-Cavallius nr. 7a ‘Das schöne Hirtenmädchen’ = Thorpe p. 35 (B D²˙⁴ F² G. Die Stiefmutter fordert das Blut der Ente), nr. 76 ‘Lilla Rosa und Långa Leda’ (B D²˙⁴ F². Rosa lebt auf einer Insel bei einem singenden Lindenbaum, ehe der König sie holt, und wird durch ein Zauberhemd in eine Gans verwandelt und wieder entzaubert. Dialog von Gans und Fischer) und nr. 7c ‘Jungfrau Swanhwita und Jungfrau Räfrumpa’ (B C² D¹ E F² G. Ähnlich dem dänischen Märchen bei Kristensen 1, nr. 16. Dialog mit dem Hündchen Schneeweiß). Bruchstück aus Upland oben S. 86 zu nr. 11. Bondeson, Sv. folksagor nr. 35 ‘De begge stedsystrarna’. Åberg nr. 20 ‘Dom båda stysystrana’ und nr. 225 ‘Stymódron o stydótron’. Hackmans Register nr. 403b. – Norwegisch bei Asbjörnsen nr. 55 ‘Bruske bruden’ = Dasent p. 371. Janson nr. 1 ‘Jomfru Gyltrom’ (A B D² F² G. Eingeschoben ist ein Sneewittchenmotiv: die Stiefmutter besucht verkleidet die Heldin im Waldhause und versenkt sie durch eine Nadel in Todesschlaf). – Das isländische Märchen von der Riesin im Steinboot (Árnason 2, 427 = Poestion S. 289 = Rittershaus S. 188) enthält nur die Motive D³ und F²; eine Riesin steigt auf Sigurds Schiff, während alle schlafen, zwingt seine Gattin, mit ihr die Kleider zu tauschen, und sendet sie im Boot zu ihrem Bruder, dem dreiköpfigen Meerriesen; dieser erlaubt seiner Gefangenen dreimal, nachts ihr Kind zu besuchen; das letztemal [102] zerhaut Sigurd die Kette; die falsche Königin wird gesteinigt. – Französisch bei Luzel, Contes 3, 104 ‘Les danseurs de nuit et la femme métamorphosée en cane’ und Luzel, Lég. 2, 292 ‘L’oiseau bleu’ (B D²˙⁴ F². Der Graf zieht dem Vogel die Zaubernadel aus dem Kopfe). In der lothringischen Erzählung ‘La biche blanche’ bei Cosquin 1, 232 nr. 21 (D²˙⁴ F²) verlangt die untergeschobene Frau vom Fleische des Rehs zu essen, in das sie die Königin verwandelt hat; das tags vom Könige verfolgte Reh kommt nachts zum Schloß und fragt die Magd nach Gatten und Kind.[4] Dazu stimmt die etwas vollständigere wallonische Fassung ‘La belle et la laide’ bei Monseur S. 48 (B D²˙⁴ F³), nur daß zum Schluß ein alter Bettler dem Prinzen verrät, daß nachts das Reh zur Tür gekommen sei, sich vom Papagei den Schlüssel gefordert und das Kind in der Wiege gesäugt habe. – Das italienische Märchen bei Basile 3, 10 (B D) weicht im Verlaufe ab; die gute Schwester Cecella, der drei Feen einen goldenen Stern auf die Stirn[5] gesetzt haben, wird, als ein Herr um sie freit, von der Stiefmutter in ein Faß gesteckt; der Bräutigam erhält die häßliche Schwester Grannizia, kehrt aber zurück, entdeckt die wahre Braut im Fasse und steckt Grannizia dafür hinein;[6] die Mutter wirft das Faß in siedendes Wasser und tötet so unwissend die eigne Tochter. Bernoni nr. 19 ‘La putela dai quattro oci’ (eine Fee verleiht der guten, aber häßlichen Schwester Schönheit, zwei Augen statt vier, einen Stern auf die Stirn). Ähnlich sind Schneller nr. 8; Pitrè 2, 90 nr. 63 ‘La Mammadràa’; Gubernatis nr. 1 ‘La bella e la brutta’; vgl. R. Köhler 1, 345; Imbriani, Nov. fior.² nr. 13 ‘Il luccio’ und 14 ‘La bella e la brutta’. In der Erzählung aus den Abruzzen bei De Nino nr. 34 ‘I dodici mesi’ fehlt die böse Schwester; die zwölf Monate, denen die Heldin auf die Frage, was man von ihnen sage, freundlich Bescheid gibt, prophezeien ihr, daß sie den König heiraten soll; doch der März, den sie toll [103] genannt hat, fügt hinzu, das Meerweib werde sie aus dem Brautwagen rauben; so geschiehts, aber ein Zaubervogel zerhackt die Kette, an der die Sirene sie hält. – Auch das katalanische Märchen ‘Las dos niñas’ bei Milá y Fontanals, Observaciones p. 177 = F. Wolf, Wiener Sb. 20, 51 enthält nur den ersten Teil von Basiles Erzählung; den Motiven D³ F² begegnen wir dagegen im Rondallayre 3, 146 ‘La coloma blanca’, wo eine Zigeunerin die Königsbraut durch Umlegen eines Halsbandes in eine Taube verwandelt und der König es ihr abnimmt. Vgl. die spanischen Fassungen aus Chile in der Bibl. de las trad. pop. esp. 1, 109 ‘La negra y la tortola’ und aus Estremadura ebd. 10, 25 nr. 1 ‘La palomita’. Portugiesisch bei Coelho nr. 36 ‘A engeitada’ (B D¹) und Braga, Contos trad. 1, 81 nr. 36 ‘Bola-bola’ (Gespräch zwischen der Taube und der Dienerin). – Albanesisch bei Pedersen nr. 12 ‘Marie Aschenbrödel’; mit den Motiven B D²˙⁴ F verbunden ist das Aschenputtelmärchen und das auch in der slovenischen Version vorkommende Motiv von den durch endlose Aufträge oder Erzählungen hingehaltenen bösen Geistern.[7]Slovenisch bei Erben S. 291 = B. Krek nr. 1: die Stieftochter soll schwarze Wolle weiß waschen, wobei ihr eine Fee hilft, und im Winter Erdbeeren holen; diese erhält sie von den zwölf Monaten, als sie ihnen sagt, alle zwölf seien gut, der März aber der beste. Aus Steiermark im Kres 4, 448 var. d (die vier Winde fragen, wer der beste sei, und der Süd weist das Mädchen in eine Hütte, ein böser Geist will sie zum Tanze locken, aber sie fordert immer neue Kleider, bis die Mitternachtsstunde schlägt; die Stiefschwester aber geht mit und kommt um, desgleichen die Stiefmutter). In einer ebd. als Var. c mitgeteilten Erzählung begegnet das Mädchen, das ihrer kranken Mutter im Winter Erdbeeren holen will, dem Nordwind und wird zum Südwinde gewiesen. Auch in der weißkrainischen Fassung bei Šašelj Bisernice S. 223 kommt die zu Weihnachten nach Erdbeeren ausgeschickte Stieftochter zum Südwinde, der durch seinen Hauch in 24 Stunden reife Früchte hervorruft; die eigene Tochter aber begegnet dem kalten Nordwinde. – Kroatisch aus Varasdin bei Valjavec S. 221 nr. 36: die vier Winde geben der guten Tochter Erdbeeren, die andre kommt zerrissen heim. Aus Karlstadt bei [104] Strohal 1, 20 nr. 2 (dem Mädchen gibt die Stiefmutter eine Flasche voll Jauche und einen Kuchen aus Asche mit; der h. Süd, dem sie begegnet, kostet davon und zeigt ihr die Stelle, wo Erdbeeren wachsen) und ebd. 1, 224 nr. 73 wo dem Mädchen eine Kuh (wie in unsrer nr. 130) beisteht und sie zu den zwölf Südwinden schickt; diese haben Mitleid, beginnen zu blasen und helfen die Erdbeeren sammeln. – In dem serbischen Märchen bei Wuk Stef. Karadžić nr. 35 ‘Die Stiefkinder’ entspricht der erste Teil unserm ‘Hänsel und Gretel’ (nr. 15), der zweite dem von der guten und der bösen Schwester; jener verleiht die Alte im Walde, daß ihr Perlen statt der Tränen und goldne Rosen bei jedem Worte entfallen, dieser aber Blutstropfen und häßlicher Geifer. Ähnlich verleiht in der folgenden nr. 36 ein Drache den Schwestern eine Truhe voll Dukaten und eine voll Schlangen. – Bulgarisch aus Macedonien im Sbornik min. 8, 2, 224: die bösen Geister am Brunnen, zu denen die Stiefmutter das Mädchen sendet, sind elf Männer und ein altes Weib, die bába Márta (März); diese Monate verleihen der guten Schwester, daß ihr beim Sprechen Goldstücke, der bösen, daß ihr Schlangen aus dem Munde fallen. – Slovakisch aus dem Komitat Trentschin bei Němcová, Slov. 1, 239 = Dobšinský 2, 40 = Wenzig S. 20 ‘Von den zwölf Monaten’ = Chodzko p. 15 ‘Les douze mois’. Maruschka wird im Winter von der Stiefmutter an drei Tagen ausgeschickt, Veilchen, Erdbeeren und Äpfel zu holen, und erhält sie jedesmal von den um ein Feuer gelagerten zwölf Monaten; das erstemal gibt der Januar seinen Stab dem März, und wie der ihn erhebt, schmilzt der Schnee, die Bäume knospen, Gras und Veilchen sprießen empor; am zweiten Tage tritt der Januar seine Herrschaft dem Juni, am dritten dem September ab. Als die garstige Schwester kommt, dreht der Januar den Stab, und Finsternis, Schneegestöber und Sturm erheben sich, daß sie sich verirrt und erfriert, ebenso die Mutter, die nach ihr sucht. – Polnisch aus den Beskiden bei Kosiński, Zbiór 5, 262. Die im Winter nach Erdbeeren ausgesandte Stieftochter findet diese, nachdem sie zwei Bettlern, Jesus und Peter-Paul, begegnet ist; sie trägt sie aber nicht heim, sondern tritt in den Dienst des Herrn Jesus und erhält (wie im westfälischen und siebenbürgischen Märchen) von ihm Wundergaben. Drei Fassungen aus dem Krakauerland bei Ciszewski nr. 101 (wie die slovakische, nur kürzer), nr. 100 (die Stieftochter trifft zwölf um ein Feuer sitzende Herren und darf sich drei Kohlen nehmen, die daheim im Kasten zu Gold werden; [105] auch ihre Schwester holt sich Kohlen, aber aus diesen entsteht nachts eine große Feuersbrunst) und nr. 102 (ähnlich; die Kohlen der zweiten Tochter werden zu Gewürm; beide Schwestern bedienen Hund und Katze bei der Mutter Gottes). In der von Kolberg, Lud 7, 30 in derselben Gegend aufgezeichneten Fassung gerät die Stieftochter, die morgens Feuer holen soll, in eine Waldhütte, wo zwölf Jäger sitzen; diese versprechen ihr Feuer, wenn sie ihre Namen nennen könne; sie sagt zufällig die Namen der zwölf Monate her; die Kohlen werden zu Talern; die andre Tochter geht am nächsten Morgen hin, gerät in Verwirrung und erhält Asche in ihre Schürze. Ähnlich aus Galizien im Zbiór 16, 2, 37 nr. 24; die Kohlen des guten Mädchens wandeln sich in einen Bauernhof und Vieh. In einer andern galizischen Fassung (Mater. i prace kom. język. 1, 41) soll die Stieftochter im Januar Erdbeeren, am folgenden Tage Äpfel holen; am dritten geht die andre Tochter aus, aber weil sie von den zwölf Herren im Walde den fünften (Mai) für den schönsten und den grauen Januar für den ältesten erklärt, erfriert sie. Aus der Umgegend von Częstochowa im Zbiór wiadom. 17, 123 nr. 3 (Kohlen werden zu Gold). Eine neunte Erzählung aus dem Gouv. Kalisch (Wisła 14, 465) gleicht der Kosińskis (das Mädchen trifft die vier Jahreszeiten und erhält vom Sommer Erdbeeren), eine aus Posen (Kolberg, Lud 14, 164 nr. 35) ähnelt der nr. 101 Ciszewskis (Veilchen und Äpfel holen, zwölf Monate, witzige Beinamen). Ähnlich aus Galizien (bei Rzeszow) Mater. antropol. 10, 266 nr. 38 (das Mädchen pflegt einen Totenkopf). Zwölftens aus dem Gouv. Radom bei Kolberg, Lud 21, 189 nr. 9; hier erhalten beide Schwestern Kohlen nicht von den Monaten, sondern von Sonne, Mond, Sternen, Wind, Frost und Regen, und die böse verbrennt auf dem Heimwege, weil der Wind ihre Glut anfacht.[8] Bei Kolberg 14, 162 nr. 34 (aus Posen) beschenkt der Frost die Frau, welche ihm sagte, auch ihn habe Jesus gegeben; bei der reichen Frau verwandeln sich die Kohlen in Schlangen. [106]Großrussisch bei Afanasjev³ 2, 152 nr. 148 = Goldschmidt S. 85 ‘Das weiße Entchen’ = A. Meyer 2, 114 (D²˙⁴ F). Eine Hexe verwandelt die Königin in eine Ente und tötet die drei Kücken, die sie ausgebrütet hat. Als die Unholdin an die Tür kommt und fragt, ob die Kinder schlafen, antwortet das eine Entlein:

Wir wachten, weil wir dachten,
Man wolle uns schlachten.
Heißes Feuer sie machten;
Brodelts im Kessel,
Sie schärfen die Messer.
S ist besser, wach zu bleiben,
Sich die Zeit zu vertreiben.[9]

Die klagende Entenmutter wird vom König ergriffen und erlangt in seinen Händen die Menschengestalt wieder; die Kinder werden mit Lebenswasser aus dem Elsternnest besprengt und die Hexe an einen Pferdeschwanz gebunden. In einer ausführlichen Version der Kosaken im Terekgebiet am Kaukasus (Sbornik mater. Kavkaz. 16, 1, 181) besucht die junge Frau mit Mann und Kind die Stiefmutter, die sie in einen Luchs verwandelt und ihre Tochter unterschiebt. Die Wärterin trägt das schreiende Knäblein in den Garten, vernimmt von einem Häschen die Verwandlung und sagt dies dem Prinzen, der die Luchshaut verbrennt. – Kleinrussisch aus Galizien im Etnograf. Zbirnyk 13, 125 nr. 315: die Schwiegertochter soll im Januar Ziegen weiden und Himbeeren holen, erhält Hilfe von einem am Feuer sitzenden Greise; als die Schwiegermutter hingeht, wird sie samt den Ziegen versteinert. Eine Erzählung aus dem Gouv. Černigov bei Rudčenko 2, nr. 18 hängt an das Motiv von Einäuglein (nr. 130) einen hergehörigen Schluß an: die Kaiserin wird im Bade von der Stiefschwester in einen Hecht verwandelt, den später ihr Gatte fängt und durch Schläge wieder zurückverwandelt. Ahnlich aus dem Gouv. Poltawa bei Kuliš, Zapiski 2, 23 = Kuliš, Ukrajin. nar. predanija S. 83, wo der Herr, als die von der Stiefmutter zu einer Ziege verwandelte Frau ihr Kind säugt, die Haut ins Feuer wirft. Bei Čubinskij 2, 434 nr. 133 wird des Mannes Mutter vom Frost beschenkt, seine Schwieger aber umgebracht. – In der weißrussischen Fassung bei Gliński 1, 186 nr. 11 führt ein Hahn [107] den König ans Wasser, wo die von der Stiefmutter in ein Fischweib verwandelte Frau ihr Knäblein tränkt. Einfacher bei Weryho nr. 59 und 15 und bei Federowski 2, 49 nr. 43–44. – Auch der Schluß der wendischen Fassung des Einäugleins (nr. 130) bei Erben, Čít S. 96, wo der Mann den Gürtel der Ente zerhaut, und die bosnische Version der Gänsemagd (nr. 89) bei Preindlsberger-Mrazović nr. 8 gehört hierher. – Estnisch bei Kreutzwald 1, 203 nr. 15 ‘Rõugatajas Tochter’ (D²˙⁴ F³). Die untergeschobene Frau vermag das Kind der in eine Wölfin verwandelten jungen Mutter nicht zu stillen; als die Wärterin den schreienden Säugling hinausträgt, kommt die Wölfin herbei und tränkt ihn. Der Mann erfährt davon, wirft die Wolfshaut ins Feuer, kehrt mit Weib und Kind heim und verbrennt die beiden verbrecherischen Frauen in der Badstube. – In einer finnischen Erzählung bei Salmelainen 1, 59 nr. 7 = Hertzberg S. 79 = Schreck S. 63 nr. 9 ‘Die wunderbare Birke’ ist dieselbe Entwicklung, nur mit einer Renntierkuh statt einer Wölfin, an das Aschenputtel-Märchen angeschlossen. Aarnes Register nr. 403b und 450. – Die lappländischen Versionen bei Friis nr. 4 = Poestion nr. 6 ‘Attjis-ene’ und Qvigstad-Sandberg p. 70 ‘Njavitsjædnes og Hatsjædnes døttre’ mischen unser Märchen von der schwarzen und der weißen Braut (nr. 135) ein.

Den drei Haulemännerchen entsprechen also anderwärts Elfen, Feen, Wassernixen, die vier Winde, die vier Jahreszeiten, die Monate und endlich christliche Heilige. So fragen die zwölf Monate auch bei Basile 5, 2 und bei Michele Somma, Cento racconti nr. 126 (Pitrè 2, 93) einen armen Jüngling, wie ihm die einzelnen Jahreszeiten gefallen, und als er auch den März, den alle schelten, als den Beginn des neuen Lebens lobt, schenkt ihm dieser ein Wunschhütlein; sein böser Bruder aber, der die Herren auch aufsucht und auf den März schimpft, erhält Prügel. Ähnlich rumänisch im Kbl. f. siebenbürg. Landeskunde 1902, 32 (nach Marien, Sěrbătorile la Români) und griechisch bei Legrand S. 11 = Garnett 2, 348 = Misotakis S. 109 ‘Die zwölf Monate’ (alte Frau und Schwester); vgl. Bolte, Archiv f. neuere Sprachen 98, 82⁴. In den slovakischen Märchen bei Němcová 1, 16, bei Škultety-Dobšinský¹ S. 136 = ²S. 279 und Dobšinský 5, 3 sieht der arme Bruder, dem der reiche Bruder Hilfe versagt, Feuer am Glasberge und erhält von den dort sitzenden zwölf Männern Kohlen; der unbarmherzige Geizhals wird, als er kommt, ins Feuer geworfen. In der kleinrussischen Version aus Galizien im Etnograf. [108] Zbirnyk 13, 16 nr. 229 erwidert der am Weihnachtsabende zum Feuer im Walde gehende Arme den zwölf Monaten auf ihre Frage, jeder Monat tue mit Recht seine Pflicht nach Gottes Willen; während seine Kohlen zu Dukaten werden, verzehren die, welche sein reicher Bruder holt, dessen ganzen Hof. Ebd. 13, 18 nr. 230 sitzen drei Greise, Gott, Petrus und der Frost, ums Feuer; ebd. 13, 16 nr. 228 Gott und Petrus; ebd. 13, 15 nr. 227 böse Geister. Ebd. 13, 169 nr. 351 helfen drei ums Feuer sitzende Greise dem armen Bauern die Befehle des grausamen Herren vollführen, einen lebenden Bären fangen und den Vater im Jenseits aufsuchen. In weißrussischen Varianten aus dem Gouv. Mogilev bei Romanov 4, 38 nr. 28 und aus dem Gouv. Smolensk bei Dobrovolskij 1, 635 nr. 2 sitzt nur ein uralter Greis am Feuer; in der serbischen bei Kordunaš 4, 7 nr. 3 sind die zwölf Männer am goldenen Tische die Apostel; aus den Kohlen des reichen Bruders springen vier Schlangen auf dessen hartherzige Frau. Der böse Bruder und dessen Bestrafung fehlen in einem polnischen Märchen aus Galizien (Zbiór 16, 3, 8 nr. 11), wo der Bauer die am Feuer sitzenden Planetengeister bittet, sein Dorf mit Hagel zu verschonen, in einem slovakischen (Němcová 1, 22. Škultety-Dobšinský¹ S. 142 = ²S. 287 = Dobšinský, Prostonár. slov. pov. 5, 3), wo der Gatte der entflohenen Schwanjungfrau den König der Zeit um Rat fragt, dessen zwölf Diener ums Feuer herum sitzen, und in einem serbischen aus der Herzegowina (Bos. Vila 13, 325), wo der im Schneegestöber verirrte Wandrer von drei Männern ins Zelt aufgenommen wird, aber als er auf das Wetter schilt, sich plötzlich allein findet.[10]

Die Strafe, in einem mit Nägeln ausgeschlagenen Faß gerollt zu werden, kommt in alten Liedern öfter vor. Von Gerhard van Velsen, der den Grafen Florens V. von Holland ermordet hatte, berichtet eine Ballade (bei Hoffmann v. F., Niederländische Volkslieder 1856 nr. 3), daß er drei Tage lang in einem solchen Faß gerollt ward:

Si deden een vat vol spikers slaen.
Daer moest hi selve in gliden.
Si rolden hem drie daghen lanc,
Drie daghen voor den noene.

[109] Als er da herausgeholt und gefragt wird, wie ihm zu Mut sei, antwortet er:

Ic ben noch al de selve man,
Die graef Floris sijn jonc leven nam.

Auch im dänischen und schwedischen Volksliede auf die h. Katharina (Grundtvig nr. 101. Geijer-Afzelius nr. 3) kommt diese Strafe vor:

De satte liten Karin i spiketunnan in,
Och konungens små, venner de rullade henne kring.

Ebenso in deutschen Sagen und Märchen (oben nr. 11, Var. Bartsch 1, 476. Panzer 1, 134), in niederländischen (Dykstra 2, 40. De Cock, Wondersprookjes S. 121), skandinavischen (Grundtvig, Folkeæv. 1, 20 = Leo 1, 221. Madsen S. 26. Berntsen 1, 156. 2, 118. 186. Kamp, Folkeæv. 1, 49 und Folkeminder S. 302. Asbjörnsen nr. 84. Janson nr. 1. Bergh, Sogur S. 6. Sogebundel S. 73), wallonischen (Bull. de folklore 1, 90. Gittée-Lemoine p. 30), estnischen (Kreutzwald 2, 151), ungarischen (Rona-Sklarek 2, 93 nr. 8), bei Basile 5, 8 usw. Eine noch grausamere Todesart ersannen die Karthager zufolge der römischen Sage bei Cicero, Or. in Pisonem 43 und Dio, fragm. 45, 26 für Regulus, den sie mit abgeschnittenen Augenlidern in ein offenes Nagelfaß (machina, σκεῦός τι σύμπηκτον κέντρα πανταχόθεν ἔχον) stellten und den Sonnenstrahlen preisgaben; vgl. H. Sachs, Folio-Ausgabe 2, 3, 156b. Kirchhof, Wendunmut 1, c. 22.


  1. Im Handexemplar S. 46 ist zu den Reimen am Schlusse nachgetragen: ‘König, was machst du? Schläfst du oder wachst du? Wie der Küchenjunge stillschwieg, fragte sie weiter: (Dortchen 9. Oct. 1812).’
  2. In Dänemark heißen sie bei dem Volk ganz ähnlich Hyldemänd (S. Thorlacius, Antiquitatum Borealium observationes miscellaneae, Specimen 7, 161. 1809). J. Grimm, Myth.³ S. 424. 3, 88 stellt den Namen mit Hölle zusammen. Liebrecht, Gervasius S. 118, Anm.
  3. Sonst heißt es gewöhnlich, daß der von den Feen begabten Jungfrau beim Reden oder Lächeln Rosen, Perlen oder Goldstücke aus dem Munde fallen, daß aus ihrem Haare beim Kämmen Edelsteine und Goldfäden kommen, daß unter ihren Tritten Lilien und Veilchen sprießen. Vgl. unten nr. 89 und 135. J. Grimm, Myth.³ S. 1054. 3, 318. Benfey, Pantschatantra 1, 380. R. Köhler 1, 126f. 463 und Zs. f. Volkskunde 6, 72. Uhland, Schriften 3, 421, 514. Haupt, Hermes 7, 70. Rittershaus S. 72. Cosquin 2, 119.
  4. Anders motiviert ist die Verwandlung der Königstochter in eine Hindin in einem Märchen der Gräfin Aulnoy (nr. 18 ‘La biche au bois’ = Kletke 1, 317), nämlich durch das Verbot, sie vor dem 15. Jahre das Sonnenlicht sehen zu lassen; sie erhält die menschliche Gestalt, als ihr Liebster sie auf der Jagd verwundet.
  5. Über den Goldstern auf der Stirn als Sehönheitssymbol handelt Prato, Zs. f. Volksk. 5, 376. 6, 24.
  6. Vgl. Cosquin 1, 255 nr. 24 ‘La laide et la belle’ und Luzel, Contes 3, 115 ‘Les danseurs de nuit’ (B D². Auf der Fahrt zur Trauung warnen Hündchen und Vogel den Prinzen).
  7. Vgl. Hahn nr. 78 ‘Die Elfenmühle’ und zu der langen Aufzählung der Flachsbereitung Bolte zu Tharäus (Mitt. des Vereins f. d. Geschichte Berlins 33, 44). Unten nr. 24.
  8. So fragen auch in einem polnischen Märchen aus dem Gouv. Kielce (Kolberg, Lud 19, 219) Frost, Sonne und Wind ein Mädchen, wer von ihnen der schönste sei. Sie antwortet: ‘Der Wind’ und hat Recht; denn Frost ohne Wind ist leicht zu ertragen, und die Sonne brennt nicht, wenn Wind weht. Ähnlich großrussisch Afanasjev 1, 67; Sacharov 1, 104; kleinrussisch Etnogr. Zbirnyk 14, 231 nr. 37; Čubinskij 1, 30; weißrussisch Afanasjev 1, 67 nr. 48; Federowski 1, 157 nr. 462. Vgl. Bolte, Zs. f. Volkskunde 8, 85 nr. 4 und Haltrich, Zur Volkskunde 1885 S. 116.
  9. Die Verse klingen an die zu nr. 11 angeführte Klage des verwandelten Bruders an.
  10. In einer Sage aus Ostböhmen (Hošek S. 86 nr. 43) gewahren Waldarbeiter jeden Mittwoch und Freitag auf einem Hügel ein Feuer. Einer geht hin, sieht drei Männer in langen Röcken ums Feuer laufen und unverständliche Worte murmeln und läuft entsetzt heim.
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