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Enhalbs deß pergs Sion und Salomons tempell, do ist das hauß, do unnser herre die junckfrauen erquicket von dem tod. Auch ist [doselbst] begraben Ysaias der prophett. Vor der stat Jherusalem ist ein perg, do ligt Samuel der prophet begraben[1].

Zwischen dem perg Oliveti und Jherusalem, da ist das tal Josaphat und gelangt an die stat und do gett ein pach; hinauff pas in dem tal Josaphatt ist unser frauen grab und do geet man viertzig staffel unter die erden zu dem grab; nicht verre davon ist ein kirchen da sein begraben Jacob und Zacharias die propheten. Ob dem tal ist der Ölperg; zunächst bei dem perg ist der perg Galilea[2].

Von Jherusalem an das tot mer seind zwai hundert stadia[3] und ist hundert und fünfftzig praitt[4]. Der Jordan rint in das tot mer und nicht verr davon, da ist Sant Johanns kirchen[5]; und ain wenig hinauff paß da padent sich die Christen gema[i]niglich in dem Jordan[6]; der Jordan ist nicht groß und nicht tieff; er hatt aber gut visch; und chompt von einem perg und entspringt von zwaien prunnen, der ain haist Jor und der ander Dan; und von den zwaien prunnen hatt er den nam[7]; und rint durch ein seu und rintt unter ein perg hin und chompt auff ein schöne weytten, do haben die haiden offt marckt im jar dorauff. Auff der selbigen


  1. Diese nordwestlich von der stadt gelegene anhöhe heißt heute noch Nebi Samwil (prophet Samuel).
  2. Die nördliche kuppe des Ölberges führt die namen Galiläa oder Viri Galiläi, zu welchen benennungen die Bibelstellen Matth. 28, 16 und apostelg. 1, 11 den anlaß gaben (Sepp I, s. 694).
  3. Der weg von Jerusalem über Jericho an das tote meer beträgt zu pferde neun stunden (Meyer).
  4. Die größenverhältnisse des toten meeres wurden bis in die neueste zeit bedeutend überschätzt (Guthe I, s. 495); so beträgt auch die gröste breite nur 2¹/5 geographische meilen (Klöden IV, s. 115).
  5. Es ist das jetzt in ruinen befindliche sogenannte Johanneskloster (Mar Yuhanna) gemeint, welches sich angeblich über der grotte, wo Johannes, der täufer, lebte, erhob.
  6. An der Jordanfurt, welche sich zwanzig minuten unterhalb des Johannesklosters befindet, pflegt für die griechischen pilger ein bad unter leitung ihrer popen den schluß der Osterfeier zu bilden (Meyer s. 153).
  7. Die mittelalterlichen autoren führen fast ausnahmslos den namen Jordan auf die zwei zuflüsse Jor und Dan zurück, was etymologisch falsch ist (Sepp II, s. 317). (Die bildung eines flußnamens aus den
Empfohlene Zitierweise:
Valentin Langmantel (Hrsg.): Hans Schiltbergers Reisebuch nach der Nürnberger Handschrift. Litterarischer Verein in Stuttgart, Tübingen 1885, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hans_Schiltbergers_Reisebuch.djvu/083&oldid=- (Version vom 1.8.2018)