Seite:Heft12-14VereinGeschichteDresden1896.pdf/20

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müssen. Man empfand es damals nicht als Nachteil, daß Handwerker anderer Städte nur an den Jahrmärkten zum Verkauf in einer Stadt zugelassen waren, in der Zwischenzeit hier weder mit ihren Erzeugnissen Handel treiben, noch vorübergehend arbeiten durften. Für die Bewohner genügte eben die Möglichkeit, sich zu Jahrmarktszeiten mit auswärtigen Waren zu versorgen. Und auch für Gesellen, die Meister werden, wie für Meister, die ihren Wohnsitz ändern wollten, barg der Innungszwang keine Härte in sich; denn niemandem, der den Besitz der nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten darlegen konnte, wurden Hindernisse in den Weg gelegt, wenn er irgendwo Aufnahme in eine Innung begehrte: insoweit kann von einer gewissen Gewerbefreiheit und Freizügigkeit jener Zeiten gesprochen werden.

Herrschte anfangs in den inneren Zunfteinrichtungen eine freiere Bewegung, so daß sich zum Beispiel die Dauer der Lehrzeit, die Anforderungen, die man an den neuen Meister stellte, je nach dem Bedürfnis regelten, so mußte sich doch in jeder Stadt unter den Meistern ein und desselben Handwerks zur Vermeidung von Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten eine feste Gewohnheit herausbilden, die lange schon zur Norm ward, ehe man sie in Handwerksordnungen schriftlich niederlegte. Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Städten aber glich erst in der Blütezeit der Zünfte der lebhafte Verkehr der Städte mit einander, besonders unter Einfluß der Wanderschaft, fast vollständig aus, und so bildete sich im Handwerk eines ganzen Landes, ja übers ganze Reich ein fester Brauch, der als „Handwerksgewohnheit“ bezeichnet wurde. Anfangs nur die wichtigen Punkte der Zunfteinrichtungen, hauptsächlich die Dauer der Lehr- und Gesellenzeit, wie die Bedingungen für die Erwerbung des Meisterrechtes beherrschend wirkte er segensreich, weil er Ausschreitungen und dem Handwerk nachteilige Neuerungen verhinderte, zugleich auch den einzelnen Innungen eine sichere Waffe gegen unberechtigte Forderungen bot, die im Innern selbst, wie von außen an sie herantreten mochten. Es liegt auf der Hand, daß sich dabei kleinere Innungen solchen fügen mußten, die durch große Zahl der Meister und mehr noch durch tüchtige Leistungen weithin berühmt geworden waren. Dadurch wurden einzelne große, bedeutende Städte tonangebend, geradezu zu einer höheren Instanz, vor deren Tribunal man Streitigkeiten schlichtete,